«Furtgo isch fautsch»
Mundart-Multitalent Pedro Lenz hat ein (bereits uraufgeführtes) Theaterstück verfasst, das jetzt in Buchform vorliegt. Und diese Lektüre lohnt sich. Die dramatische Spannung in «Längiziti» ist überschaubar, zentral sind Sprache und thematische Reflexion. Jöggu und Lisbeth, längst pensioniertes Paar aus dem Mittelland, kehren nach siebzehn Jahren freiwilliger Emigration aus Spanien zurück und finden fast alles verändert vor: Häuser stehen nicht mehr, Gastwirtschaften sind geschlossen, typische Schweizer Modeerscheinungen wie das «Höflichkeitsgelaber» – so nennt Jöggu die permanent gebrauchten Dank- und Wunschfloskeln – nerven den Rückkehrer ebenso wie der Verlust direkter Sozialkontakte im digitalen Zeitalter.
Der Autor verteilt sein Nachdenken über das «komplexe Konstrukt» des Begriffs Heimat, der sich «jeder Definition entziehe», auf fünf Figuren. Neben den beiden Zurückgekehrten sind das ein jüngeres Freundespaar, Erika und Robert, sowie Antonio, ein ehemaliger Arbeitskollege der beiden Männer, der von Spanien in die Schweiz gekommen war. Er resümiert: «Ganz gliich, vo wo uf wo dass de geisch. Furtgo isch immer fautsch.»
Zwar baut Antonio in der alten «Heimat» an einem Haus, zweifelt indes, ob er je zurückgehen wird. Lenz verhandelt sein Sujet voller Ambivalenzen träf und oft komisch trotz bitterer Befunde: «Bisch hie dehaeim und gliich uf Bsuech / da isch der Emigrantefluech», heisst es einmal.
«Längiziti» überzeugt als Hörstück und Lesetext wohl mehr als auf einer Bühne: Lenz hat für jede Figur einen längeren Monolog eingebaut, und jede Szene beginnt mit einer gereimten Synthese. Die Antwort, was denn Heimat sei, hat jede:r für sich zu geben. Der in kompaktem und bildstarkem Dialekt verfasste Text liefert dazu plausible Ansätze. Lisbeth sieht «Heimat» in der Beziehung zum Partner Jöggu: «Mir heis immer guet gha, gliich ob deheimen oder ir Frömdi. […] Vilecht isch är, wen i mers jetzt überlege, mis einzige Deheime. Und ig sis.» Dies könnte ein kleinster gemeinsamer Nenner sein.
Pedro Lenz liest in Solothurn am Freitag, 10. Mai 2024, um 15.30 Uhr und am Samstag, 11. Mai 2024, um 16 Uhr.