AHV-Nein: Traut euch!

In persönlichen Gesprächen erlebe ich häufig, dass meine Freund:in­nen zwar skeptisch gegenüber der AHV-Vorlage sind. Aber ob sie auch Nein stimmen dürfen? Sie zweifeln: Die Frauen müssten doch auch ihren Beitrag leisten, eine Reform sei endlich nötig und überhaupt, die AHV-Finanzen.

Da kann ich nur sagen: Traut euch! Gerade auch angesichts der heute veröffentlichten knappen Umfragewerte.

Beginnen wir mit dem ersten Argument: Es sei ein Akt der Gleichberechtigung, wenn das Rentenalter der Frauen erhöht und wie das der Männer mit 65 Jahren erreicht werde. Das Gegenteil ist der Fall: Die AHV-Vorlage bringt eine weitere Benachteiligung der Frauen. Wenn man die AHV und die berufliche Vorsorge zusammenrechnet, liegen die Renten der Frauen 37 Prozent tiefer als die der Männer. Nun sollen ausgerechnet die Frauen die AHV sanieren?

Rund 9 Milliarden Franken sollen sie beitragen, indem sie ein Jahr länger arbeiten. Zeit ist schliesslich Geld. Lediglich 2,9 Milliarden werden kompensiert, viel weniger als in früheren Vorlagen. Und was leistet die Variable Männer in dieser Gleichung? Gar nichts.

Grundsätzlich bin ich ja der rationale und weniger der emotionale Typ: Aber wenn es im «Tages-Anzeiger» heisst, «starke Frauen» müssten Ja stimmen, stellt es mir die Nackenzacken auf. Stark sind Frauen, die zu niedrigen Löhnen oder unbezahlt die Care-Arbeit in der Schweiz leisten und zum Dank schlechtere Renten erhalten. Jacqueline Badran hat die Vorlage treffend abqualifiziert: «Teppichetagenfeminismus!»

Kommen wir zum zweiten Argument: dass eine Reform nach all den abgelehnten Vorlagen nötig sei. Das kann ich so weit nachvollziehen: Wer gilt in der grünliberalen Pop-up-Schweiz schon gerne als Blo­ckie­rer:in? Aber soll man einer Reform um der Reform willen zustimmen? Neben den Frauen werden alle Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen stärker belastet, weil auch die Mehrwertsteuer erhöht wird. Und das in Zeiten der Inflation. Eine ungerechtere Reform muss man erst mal konstruieren.

Womit wir am Schluss sind: Die AHV-Finanzen sind längst nicht so düster, wie die bürgerliche Propaganda behauptet. Erst im Frühling hat das Bundesamt für Sozialversicherungen seine Prognosen korrigiert. Mindestens bis 2029 ist alles im Lot.

Das sind sieben Jahre. Sieben Jahre für eine bessere Lösung. Traut euch! 
Fakten, Fakten, Fakten: Der Oberleguan rückt im «Zoo» auf woz.ch regelmässig die Dinge zurecht.