Krankenkassen­prämien: Von Kosten und Gewinnen

Die schlechte Nachricht kennen Sie bereits: Die Krankenkassenprämien werden auch dieses Jahr angehoben. Um satte 6,6 Prozent, was dem höchsten Anstieg seit 2010 entspricht. Mit der allgemeinen Teuerung und den steigenden Energiekosten kommt die Nachricht für viele zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

Den Versicherungsunternehmen hingegen kommen sie einmal mehr gelegen. Ein Blick in die Geschäftsberichte der grössten Krankenversicherer genügt um festzustellen: Die Gesundheitskosten vieler sind die Millionengewinne weniger. Bei Helsana waren es beispielsweise 2019 436 Millionen Franken und 2020 115, bei der CSS 2019 154 und 2020 105 Millionen Franken. Die Krankenversicherer streichen Jahr für Jahr satte Gewinne ein. Eine Schelmin, wer nicht an Verstaatlichung denkt.

Es gibt aber auch gute Nachrichten: Kosten, Ausgaben, Prämien und Gewinne sind keine Naturgesetze. Prämien steigen nicht, sie werden angehoben. Sie können also genauso gut angepasst, verändert oder abgeschafft werden.

Sie kennen mich inzwischen: Ich neige zu Pragmatik. Realistisch erscheinen mir deswegen zwei politische Vorstösse: Die Prämienentlastungsinitiative der SP, die einerseits die Hürden auf ein Anrecht auf Prämienverbilligung merklich senken und andererseits die Gesundheitskosten auf maximal zehn Prozent des Einkommens deckeln will. Dieser Paradigmenwechsel könnte den Weg frei machen für eine langfristige Neuinterpretation des Solidaritätsprinzips im Schweizer Krankenkassensystem, bei der die Prämien nicht mehr pro Kopf bezahlt werden, sondern an das effektive Einkommen gekoppelt werden würden.

Die Kostenbremse-Intitiative der Mitte-Partei setzt hingegen auf der Aufwandseite an: Durch Einsparungen bei der Ausgabe von Medikamenten, weniger stationäre Behandlungen und die Einführung von elektronischen Patientendossiers will die Partei ein «effizienteres Gesundheitssystem» schaffen, das jährlich sechs Milliarden einsparen soll. Auf Kosten der Patient:innen?

Der Bundesrat hatte die beiden Initiativen zusammengefasst und in einer Botschaft zur Herbstsession einen Gegenvorschlag formuliert. Auch ihm ist offenbar klar: Die Kostenbelastung nimmt unhaltbare Ausmasse an. Hinsichtlich der Krankenkassenprämien bräuchte es vor allem für die einkommensschwachen Teile der Bevölkerung Massnahmen. Im National- und Ständerat scheint man das anders zu sehen: Beide Kammern haben die Frist für die Behandlung des Geschäfts auf Oktober 2023 verschoben. Die Gewinne der Krankenversicherer werden hingegen schon sehr bald in den entsprechenden Geschäftsberichten nachzulesen sein.
Julie Schilf hat die dickste Haut im Getümmel: Im «Zoo» auf woz.ch stellt sie klar, was wichtig ist.