Schweizer Munition für die Ukraine?

Nun hat die «Financial Times» das Thema gar auf eine globale Bühne gehievt: «Schweizer Veto gegen Wiederausfuhr von Waffen verärgert Deutschland», titelte das britische Weltblatt. Letzte Woche war bekannt geworden, dass Deutschland 12'000 Panzergeschosse, die es vor Jahrzehnten der Schweiz abgekauft hatte, in die Ukraine exportieren möchte – als Munition für den deutschen Gepard-Panzer. Doch der Bundesrat, namentlich Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP), verweigert dies, wie er heute Nachmittag nochmals bestätigte. Dabei verweist er auf die Neutralität sowie auf eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung, die Deutschland unterzeichnet hat: eine Art Garantie, die verhindern soll, dass Schweizer Kriegsmaterial über Umwege in kriegführende Länder oder Unrechtsstaaten gelangt.

FDP-Präsident Thierry Burkart hat bereits im Sommer eine Motion eingereicht, die die Abschaffung der Nichtwiederausfuhr-Erklärung für Länder «mit gleichen Werten und vergleichbaren Exportkontrollregimes» fordert. Dem Vorstoss war ein ähnlicher Fall vorausgegangen, bei dem die Schweiz Deutschland und Dänemark die Wiederausfuhr von Kriegsmaterial verweigert hatte. Der hängige Vorstoss greift jedoch zu weit, die Gefahr von Umgehungsgeschäften wäre zu gross. Denn letztlich legt jedes Land die Waffenexportgesetze anders aus, meist zum Vorteil der eigenen Rüstungsindustrie. Im Gegensatz zur Schweiz exportiert Deutschland im grossen Stil Waffen in die Türkei; die USA liefern wiederum Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien, das im Jemenkrieg kämpft.

Falls die Ukraine mit den Panzergeschossen aus Deutschland ausschliesslich russische Raketen und Drohnen abwehren und den Getreideexport schützen will, wie die Regierung versichert, hat der Bundesrat auch heute Spielraum, sagen mehrere Rechts­ex­pert:in­nen. Eine sorgfältige Einzelfallprüfung wäre richtig. Vor allem aber sollte die Schweiz weit offener als bisher weitere Unterstützung anbieten: humanitäre Hilfe, Schutz und Wiederaufbau von kritischer ziviler Infrastruktur, etwa im Energie- oder Transportsektor, sowie eine striktere Umsetzung der Sanktionen gegen Russland.

Fakten, Fakten, Fakten: Der Oberleguan rückt im «Zoo» auf woz.ch regelmässig die Dinge zurecht.