Waffenexporte: Parmelins Rüstungstisch

Nr. 5 –

Wer bereits alles in Bern vorspricht, um von Lockerungen des Kriegsmaterialgesetzes zu profitieren.

Es war eine illustre Runde, die sich vergangenen Donnerstag im «Bernerhof» beim Bundeshaus traf. Wirtschaftsminister Guy Parmelin hatte zu einem «Runden Tisch der Rüstungsindustrie» geladen. Die Teilnehmer:innenliste kennt die WOZ dank eines Öffentlichkeitsgesuchs. Demnach sprachen die drei Branchengrössen vor: Mowag (Panzer), Pilatus (Flugzeuge) sowie Rheinmetall (Luftabwehr). Der Munitionsstandort Thun war vertreten durch Saab (Panzermunition) und Swiss P (Kleinkalibermunition), die Produzenten von Handfeuerwaffen durch SIG Sauer (Sturmgewehre, Granatwerfer) und B&T (Maschinenpistolen, Scharfschützengewehre). Auch Spezialisten wie Safran Vectronix (optische Geräte) fehlten nicht.

«Als neutrales Land hat die Schweiz eine besondere Rolle zu spielen, in Zeiten des Friedens und in Zeiten der Gewalt», meinte Parmelin in seiner Begrüssungsrede, die der WOZ auch vorliegt. «Ein neutrales Land darf nicht an einem Krieg teilnehmen, muss die Gleichbehandlung der Kriegsparteien beim Export von Kriegsmaterial und seine eigene Sicherheit gewährleisten.» Parmelin hielt also, ganz im Sinn seiner SVP, die Fahne der Neutralität hoch.

Ein Protokoll des Austauschs existiert nicht. Aber wie aus einer Medienmitteilung hervorgeht, sieht sich die Schweizer Rüstungsindustrie «im Verhältnis zu ihrer Konkurrenz im Ausland benachteiligt» und wünscht sich eine «Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen». Im Klartext: Sie will eine Lockerung der Kriegsmaterialausfuhr, nicht aus politischen, sondern aus rein geschäftlichen Motiven. Wegen der Aufrüstung der Ukraine befürchtet sie Vorteile für die Konkurrenz.

SP will Ausnahmen

Letzte Woche hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz eingewilligt, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, sofern die USA und Frankreich ebenfalls Panzer senden. Der Entscheid beeinflusst auch die Rüstungsdebatte in der Schweiz, die seit Kriegsbeginn um die immer gleiche Frage kreist: Unter welchen Umständen könnte die Schweiz Wiederausfuhrbewilligungen erteilen, damit Drittstaaten wie etwa Deutschland in der Schweiz produzierte Waffen und Munition an die Ukraine weitergeben können? Letztlich geht es um die Frage, was die Schweiz höher gewichtet: Die eigene Neutralität? Oder das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine?

Ein Vorstoss von FDP-Präsident Thierry Burkart fordert, dass Staaten, die über eine Exportkontrolle wie die Schweiz verfügen, keine Wiederausfuhrbewilligung mehr benötigen. Das käme einem Freipass für die Weitergabe von Waffen gleich. Burkart nimmt allerdings kriegsführende Staaten als Empfänger aus und damit ausgerechnet die Ukraine. Ein Gegenvorschlag der SP fand in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats eine Mehrheit: Der Bundesrat soll Wiederausfuhren bewilligen dürfen, falls der Uno-Sicherheitsrat oder eine Zweidrittelmehrheit der Vollversammlung eine Verletzung des Gewaltverbots feststellt. Ein Antrag der Mitte-Partei will zudem eine explizite Ausnahme für die Weitergabe von Waffen an die Ukraine für dringlich erklären.

Streit programmiert

Gegen die Anträge stellen sich die SVP sowie die Grünen. Kritisch ist auch die GSoA: «Die aktuelle Diskussion lenkt von der eigentlichen Verantwortung der Schweiz im Ukraine-Krieg ab.» Noch immer fütterten hiesige Rohstoffhandelsfirmen mit ihren Gewinnen Wladimir Putins Kriegsmaschine, die Suche nach Oligarchengeldern komme kaum voran.

Die kommende Parlamentsdebatte dürfte also für Streit im rechten wie im linken Lager sorgen. Wie auch immer sie ausgeht: Die Zusammenkunft im «Bernerhof» zeigt, dass die Rüstungsfirmen bereits für mögliche Aufträge Schlange stehen.

Mitarbeit: Jan Jirát.