Midterms: Junge früh politisieren!

Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, doch eines steht bereits fest: Die vielfach, durchaus lustvoll antizipierte «rote Welle» bei den US-Zwischenwahlen ist nie am Strand angekommen. Die Republikaner:innen haben versagt. Die Katastrophe verhindert haben nach erster Analyse junge Wähler:innen. Wer unter dreissig Jahren alt ist, hat gemäss ersten Analysen mit überwiegender Mehrheit die Demokrat:innen gewählt. «Faul und verwöhnt» sind sie zwar angeblich («SonntagsZeitung»), und doch haben die Millennials in den USA den Durchmarsch der schlimmsten Spinner:innen verhindert.

Auch in der Schweiz ist die Generation Z in jeder Hinsicht vorbildlich. Sie wählt am liebsten grün, stimmt fast durchgängig progressiv ab. Wir erinnern uns gerne: Nur ein Drittel der unter Dreissigjährigen stimmte dem gefährlichen Antiterrorgesetz PMT zu. Allerdings besteht in den USA wie in der Schweiz ein gewichtiges Mobilisierungsproblem. Die Jungen bleiben gerne einfach zu Hause, wenn Wahltag ist.

Nun muss man nicht so tun, als sei es ein unauflösbares Mysterium, wie junge Menschen zur politischen Teilhabe zu bewegen sind. Studien wie der Schweizer Politikmonitor zeigen, dass sich Teenager vorwiegend in der Schule oder in der Familie über politische Themen informieren. Diese mögliche Politisierungsphase ist um das 18. Lebensjahr jedoch bereits am Ausklingen. Blöderweise just zu jenem Zeitpunkt, in dem Schweizer:innen stimmberechtigt werden. Untersuchungen aus Österreich, wo seit 2007 Stimmrechtsalter sechzehn gilt, zeigen: Die Stimmbeteiligung der Sechzehn- und der Siebzehnjährigen fällt im Gesamtvergleich nicht ab.

Die Lektion daraus: Mit aller Macht Stimmrechtsalter sechzehn anstreben, damit die erste politische Beteiligung in die Prägungsphase fällt. Die zweite Lektion: Die rechten Klassenzimmerstürmer:innen, die etwa im Aargau und in Zürich ihr Unwesen treiben, stoppen. Die Schule kann gar nicht genug politisiert sein, sollen Junge künftig in grosser Zahl abstimmen und wählen. Und die dritte Lektion, die ich an dieser Stelle ganz ohne Beraterhonorar verrate: Junge brauchen Empowerment. Sie müssen schon früh an politischen Prozessen teilhaben können, müssen eine Gewöhnung entwickeln, müssen erreicht und gehört werden.

Zum Schluss eine kleine Anekdote zur persönlichen Politisierung: In der Sekundarschule liess das Rektorat einst alle Schüler:innen abstimmen, ob sie mit bei einem Malwettbewerb gewonnenem Preisgeld einen Colaautomaten oder ein grosses Graffito finanzieren möchten. Die überwältigende Mehrheit stimmte selbstredend für den Automaten. Doch das Rektorat entschied sich aus «Gründen der höheren Vernunft» für das Graffito. Dass der Chefetage nicht zu trauen ist, weiss ich seit dann.

Fakten, Fakten, Fakten: Der Oberleguan rückt im «Zoo» auf woz.ch regelmässig die Dinge zurecht.