Die Fantasien der Herren Baumeister

Da klagen die Herren Baumeister lang und breit über den «Fachkräftemangel», der – o Wunder – auch ihre Branche erfasst hat. Wo doch die Schweiz noch lange nicht gebaut sei. Es sei halt nicht mehr ganz wie früher, klönt es, wo man noch Leute holen konnte, die zwar irgendwie schon auch Menschen, aber in erster Linie billige Arbeitskräfte waren. Und auch die Jugend sei nicht mehr, was sie mal war. Immer weniger Jungs und noch weniger Mädchen, die sich für eine Lehre interessierten. Wo es doch nichts Aufregenderes gebe, als mit eigenen Händen an der Zukunft mitzubauen.

Ja, liebe Baumeister: Nun habt ihr das Geschenk – dafür, dass ihr noch immer davon ausgeht, dass sich schon irgendwie genug Leute finden, die froh um jeden Job sind. Aber jetzt, wo die Baukonjunktur so hoch und die Arbeitslosenquote so tief wie lange nicht mehr ist, habt ihr ja sicher einen gescheiten Plan, um die Arbeit auf dem Bau möglichst vielen Berufsleuten schmackhaft zu machen.

Aber Moment: Hab ich da was falsch verstanden? Steht da tatsächlich nichts von einer anständigen Erhöhung der Mindestlöhne? Und wo sind eigentlich die längeren Ruhezeiten? Und was ist mit dem 14. Monatslohn? Hab ich was übersehen? Ist es stattdessen wirklich euer Ernst, noch längere Arbeitstage in der sommerlichen Affenhitze zu verordnen – und dafür im Winter mehr Arbeit auf Abruf? Auf dem Sofa liegen also, Tee schlürfen, abwarten, bis das Handy klingelt, und dann mal kurz auf irgendein gottverdammtes Gerüst springen?!

Und hab ich richtig verstanden: Dann wollt ihr tatsächlich gleich auch noch die Reallöhne kürzen – und nicht mal die Teuerung ausgleichen? Nein, meine Herren: So wird das nichts mit dem Plan, die Bauberufe attraktiver zu machen. So wirklich nicht. Aber bis Ende Monat habt ihr ja noch die Gelegenheit, das Schlimmste zu verhindern. Ansonsten: Viel Spass im neuen, vertragslosen Jahr. Dann werden die Streiks und Demos von diesem Herbst ein Witz gegenüber dem gewesen sein, was euch erwartet.

Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.