Schuld braucht Sühne

Du meine Güte – was haben die denn jetzt wieder alle mit Brian K.? Ich bin Staatsanwalt. Das ist mein Beruf. Und wie bei jedem Staatsanwalt in diesem Land ist es meine Aufgabe, Anklage zu erheben. Punkt. Aber jetzt jammern sie überall herum, als sei ich delinquent geworden und nicht dieser Mensch, dessen Delikte uns seit Jahrzehnten beschäftigen. Ich mache nur meinen Job!

Ich bin dem Gesetz verpflichtet, danach handle ich. Und in diesem Fall sind neben all den Delikten, die schon vor Gericht verhandelt wurden, noch weitere 33 offen – dreiunddreissig! Die können doch nicht einfach unter den Tisch gewischt werden – da gibt es auch Opfer! Ist das denn so schwer zu begreifen? Ich bin doch nicht auf einem persönlichen Kreuzzug.

Als plötzlich das Verdikt kam, Brian solle sofort freigelassen werden, musste ich doch was tun! Ich weiss schliesslich, wie gefährlich der Mann ist. Ich habe ja mit den Wärtern gesprochen, die in der Pöschwies jahrelang gezwungen waren, sich mit dem jungen Herrn abzugeben. Natürlich ist denen auch hin und wieder ein falsches Wort rausgerutscht, oder sie haben ein bisschen überreagiert – die haben schliesslich auch Nerven. Aber der Mann ist nun mal ein hochexplosives Kraftpaket, eine Kampfmaschine, renitent, aggressiv und gewaltbereit. Ich kann nicht verantworten, dass der frei rumläuft. Und wenn er keine Hand- und Fussfesseln trägt, verhöre ich den nicht.

Jetzt kommen sie mir alle mit Missachtung der Menschenrechte und Folterverbot. Niemand hat den Mann gefoltert! Wir sind schliesslich in der Schweiz. Aber dass er schon mit sieben Jahren auffällig wurde, zeigt doch, dass mit dem was nicht stimmt. Natürlich sind drei Jahre Einzelhaft kein Zuckerschlecken – für niemanden, aber dass noch nicht mal diese Zeit ihn zur Einsicht gebracht hat, gibt mir stark zu denken.

Dass jetzt auch noch behauptet wird, Brian sei ein Rassismusopfer, weil er eine Mutter aus Kamerun hat, zeugt doch von totalem Realitätsverlust! In der Schweiz gibt es keinen Rassismus, und gerade die Schweizer Justiz gilt als vorbildlich, ihr Ziel ist Resozialisierung. Aber es gibt immer Menschen, die man nicht auffangen kann. Und bei diesem Brian ist nun mal Hopfen und Malz verloren.

Ich werde wieder auf Verwahrung plädieren.

Nachdem der Staatsanwalt, der Brian K. erneut in Untersuchungshaft setzen liess, diverse Medien konsumiert hatte, belauschte Qualle Aurelia seine Gedanken.