Die Schweiz als Schneekugel

Überall Feuerwerk und Böller! Ich muss raus hier. In die Berge. Warum nicht auch mal die Schweiz von ihrer touristischen Schoggiseite erleben? Auf zum Jungfraujoch also. Unterwegs vorbei an unterschiedlichen Schweizen: Zürich Wiedikon, Zug, Brünig, Iseltwald, Lauterbrunnen, Kleine Scheidegg. Das ist alles ein Land.

Gehe ich eigentlich als Touri durch? Offenbar. Der Kondukteur in der Jungfraujochbahn meints doch nur gut, will sich mir anpassen, spricht Englisch, betont schweizerisch. Entschuldigt sich dann aber doch, als ihm klar wird, es sitzt ein Einheimischer vor ihm. Wenn auch keiner von hier.

Wie hätte er das auch wissen sollen hier oben, mit all den Tourist:innen.

Nägxt Schtob Jungfraujoch – Topofyurob!

Dort oben ist die Realität eine andere als unten: Idyllisch, harmonisch, märchenhaft muss es sein, dieses Land. Das Joch als grosse Kirsche on top für Tourist:innen aus aller Welt. Wetter schön, Aussicht atemberaubend, sündhaft teure Klischees in den Souvenirshops. Alle Banknoten willkommen. Nur Bankkonten können keine eröffnet werden.

«Alpine Sensation» heisst ein Teil des touristischen Rundgangs auf dem Berg: ein wenig Information zur Geschichte der Bahn, eine Statue zu Ehren ihres geistigen Vaters Adolf Guyer-Zeller, Gedenktafeln mit den Namen der bei den Bauarbeiten verstorbenen Menschen. Es sind fast nur italienische Namen.

Dann: eine überdimensionale Schneekugel als Symbol für die Schweiz, «little dreams of Switzerland». Sie steht einfach so da, ohne Bezug zum Raum. Kein Kontext. Doch sie lässt sich umrunden: Zu sehen gibts von hinten nur die unbeleuchtete Rückseite der Berge. Schwarz.

Von vorn: Viel Schnee, Edelweiss, Kühe, logisch. Unterhalb von Eiger, Mönch und Jungfrau die Alp, wo ein Männerchor singt. Hügel, ein aufgeklapptes Sackmesser, Käse, Schokolade.

Ganz unten in der Stadt dann nahe beieinander: das Bundeshaus, die Banken – und ein Casino. Gut, immerhin ein wenig Transparenz.
Präziser beobachtet keiner: Der Wolf Lonely Lurker schleicht im «Zoo» auf woz.ch jeder Fährte nach.