Kurt Pelda: Inmitten von Granaten

War ja schon fast ein Schock für mich, wie ich da gestern frisch geduscht und fast ausgeschlafen im Zürcher Aura-Event-Saal plötzlich vor den gut gekleideten Schweizer Verlegern stand. Drei Tage vorher bin ich noch durch die Strassen von Bachmut gelaufen, während rechts und links russische Artilleriegeschosse einschlugen.

Aber das ist mein Leben! Ich bin nun mal Kriegsreporter – der einzige in der Schweiz. Drum wurde ich ja auch von denen zu ihrer Dreikönigstagung eingeladen, wo sie sich jährlich gegenseitig ihrer Brillanz versichern. Aber ich habs ihnen deutsch und deutlich gesagt: Sie betreiben Stubenhockerjournalismus! Das Einzige, worauf man sich wirklich verlassen kann, ist doch das, was man mit eigenen Augen sieht. Deshalb bin ich immer mitten drin!

Gut - im Vergleich zu den Typen von CNN bin ich ein kleiner Fisch. Aber wenn ich das Vertrauen der Leute vor Ort gewinne, komme ich schon auch in die rote Zone an der Front. Ich hab in zwanzig Kriegen Minenopfer gesehen, ich weiss, dass man in vermintem Gelände immer in der Fussabdrücken dessen läuft, der vor einem geht. Dann kommt man gut rüber. Und wenn man biseln muss, macht man das nicht im Gelände, sondern ganz nah am Auto.

In Bachmut haben wir wieder ein Video gedreht, da hört man, wie unter unseren Schritten der Schutt knirscht. «Willkommen in der Hölle», hat einer an die Wand geschrieben. Als eine Granate neben mir einschlägt, kann ich mich grade noch rechtzeitig zu Boden werfen. Die Kämpfe dort erinnern mich an den Ersten Weltkrieg. Aber ich muss doch berichten! Schon Ernst Jünger hat damals an der Westfront geschrieben: «Es ist mehr wert, zwanzig gute Zeilen zu schreiben, als zwanzig Regimenter zu führen.» Der Mann ist ja wieder richtig aktuell mit seinen «Stahlgewittern».

Ob ich ein Adrenalinjunkie bin, wurde ich schon öfter gefragt, weil ich immer an die Fronten reise. Nein, bin ich natürlich nicht! Und ich bin auch nicht süchtig. Aber ich muss doch auf die Fakten achten. Das hab ich den Verlegern da auch gesagt: Sie müssen unbedingt den Nachwuchs für die Kriegsberichterstattung ausbilden. Ich bin schliesslich nicht mehr der Jüngste, und an der Front muss man fit sein.

Es begeistert mich übrigens, wie auch unser neustes Video aus Bachmut wieder mit Musik unterlegt wurde. Das macht richtig Lust beim Anschauen.
Kurt Pelda ist leidenschaftlicher Investigativjournalist und Kriegsreporter für CH Media. Qualle Aurelia ist diese Woche in seine Gedankenwelt eingetaucht.