Lukaschenkos Angst vor den Mutigen

Zehn Jahre: So lange muss Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki ins Gefängnis. Das hat heute ein Gericht in der belarusischen Hauptstadt Minsk entschieden. Auch seine Mitstreiter Valiantsin Stefanowitsch, Uladzimir Labkowitsch und Zmitser Salauyou sind zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Dass das Verfahren gegen die führenden Menschenrechtler des Landes nichts anderes als ein Schauprozess war, steht ausser Zweifel. Ein Rachefeldzug gegen jene, die es ablehnen zu schweigen. Schon allein die Anklage wegen Finanzvergehen war eine Farce. Bjaljazki kämpft seit Jahrzehnten für die Würde der Belarus:innen, dafür, dass sie ein Leben in Freiheit führen können – in diesem Land, das mitten in Europa liegt.

1996 hat Bjaljazki die Menschenrechtsorganisation Wjasna gegründet, die politische Gefangene – im Moment sind das fast 1500 Personen – unterstützt. Inzwischen ist Wjasna in Belarus verboten. Für sein unerschrockenes Engagement wurde Bjaljazki immer wieder verfolgt und schikaniert, und er musste schon einmal dafür ins Gefängnis: 2011 wurde er zu vier Jahren Straflager verurteilt, damals wegen angeblicher Steuerhinterziehung. Und jetzt nimmt ihm das Regime von Alexander Lukaschenko noch mal ein Jahrzehnt seines Lebens weg!

Ein Regime, das sollten wir nicht vergessen, das Wahlen fälscht, jeden Protest brutal niederschlägt und seine Gegner:innen inhaftiert und foltert. Ein Regime, das sich nur dank der Unterstützung des Kreml überhaupt noch an der Macht hält – und sogar an dessen Seite Krieg gegen die Ukraine führt. Ein Regime, das aber auch – wie so viele Diktaturen dieser Welt – beste Kontakte in die Schweiz pflegt und ihr zu Profit verhilft. Da wäre etwa SVP-Bahnunternehmer Peter Spuhler, der noch immer eine Fabrik in Belarus betreibt. Oder die Credit Suisse, auf deren Konten Millionen Franken von Regimetreuen lagen, wie kürzlich dank einer internationalen Recherche bekannt wurde. Dies, um nur zwei Beispiele zu nennen. Meine Wut gilt nicht nur Lukaschenko und seinem Unrechtsstaat, sondern auch allen, die weiterhin mit ihm geschäften.

Doch ich weiss auch, und entschuldigt mein Pathos: Es ist auch ein Zeichen, dass sich Lukaschenko und seine Schergen vor den Mutigen fürchten. Vor Leuten wie Bjaljazki, Stefanowitsch, Labkowitsch und Salauyou, die ihr Leben dem Kampf für die Demokratie gewidmet haben. Sie wissen sich nicht anders zu helfen, als diese Aufrechten wegzusperren und so zum Schweigen zu bringen. Langfristig, da verwette ich meine schönsten Federn drauf, können sie nicht gewinnen. Früher oder später, da wartet auch auf sie ein Tribunal.

Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.