Repression in Belarus: Drakonische Strafen, untätiges Europa

Nr. 50 –

Für den belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko könnte es durchaus schlechter laufen. Gerade hat die EU wieder bewiesen, dass ihr jedes Mittel recht ist, um Fliehende von ihren Grenzen fernzuhalten – auch dreckige Deals mit Diktatoren. Im martialischen Gerede vom «hybriden Krieg» ist ein anderer Feldzug in den Hintergrund getreten: jener, den Lukaschenko gegen die eigene Bevölkerung führt.

Dabei geht die Repression des Regimes unvermindert weiter. Die Menschenrechtsorganisation Wjasna, die inzwischen selbst zur Zielscheibe wurde, zählt aktuell 920 politische Gefangene. Am Dienstag hat nun ein Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit drakonische Haftstrafen gegen sechs Dissidenten verhängt: So muss etwa der 29-jährige Ihar Losik für fünfzehn Jahre ins Gefängnis, der Politiker Mikola Statkewitsch für vierzehn, während Sergei Tichanowski mit achtzehn Jahren das höchste Strafmass erhielt. Zur Last gelegt wird ihnen unter anderem die «Organisation von Massenunruhen».

Der beliebte Videoblogger Tichanowski war kurz nach Bekanntgabe seiner Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr inhaftiert worden, statt ihm trat dann seine Frau Swetlana Tichanowskaja an. Sie wurde zur oppositionellen Lichtgestalt und kämpft inzwischen von ihrem Exil in Litauen aus unermüdlich gegen die Diktatur in ihrer Heimat. Die selbst für Belarus ungewöhnlich harte Strafe gegen ihren Mann ist deshalb auch als persönliche Rache des Regimes zu verstehen.

Während europäische Staaten und die USA das Urteil gegen die sechs Oppositionellen immerhin verurteilten, blieb die offizielle Schweiz einmal mehr auffallend still. Ähnlich zurückhaltend agiert das Aussenministerium von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis auch in Bezug auf die politische Gefangene Natallia Hersche. Die schweizerisch-belarusische Doppelbürgerin verbüsst im Osten des Landes derzeit eine zweieinhalbjährige Haftstrafe. Je länger Europa beim Willkürstaat Belarus wegschaut, desto unbehelligter kann das Regime seine Gegner:innen auch weiterhin verfolgen.