CS-Übernahme: Schlange, Kaninchen und Flöhe
Was für ein Sonntag! Wie fiebrig warten alle auf den Bundesrat. Mir hats nicht nach Bern gereicht, nur bis zum Compi – aber ohne Schnelldurchlauf wäre diese Dramödie ohnehin kaum erträglich. Bis alle sitzen, erklingt sphärische Musik, die Stimmung ist tief ernst – es gilt, einen Todesfall bekannt zu geben. Und für die Schweiz, in deren Adern mehr Geld als Gefühl fliesst, ist der Tod einer Grossbank nun mal der grösste anzunehmende Trauerfall. Immerhin empfindet der Vizekanzler ein «Vergnügen», die Anwesenden vorstellen zu dürfen, was sich bei einigen der Anwesenden in Grenzen halten dürfte.
Es sprechen der Bundespräsident, die Finanzministerin, die Finma-Präsidentin, der SNB-Direktor, der Verwaltungsratspräsident der schluckenden und jener der zu schluckenden Bank, und alle werden nicht müde zu wiederholen, wie man - Tag und Nacht durchschuftend! – eine Lösung gefunden habe, die nur Gutes enthält: Da wird bewahrt, geschützt und sichergestellt, dass es nur so eine Freude ist! Für alle fand man eine gute, stabile, tragfähige Lösung, der Schutz der Einleger, des Finanzplatzes, der Kund:innen, Aktionär:innen, der Schweizer Volkswirtschaft und des internationalen Finanzsystems ist gewährleistet. Über das Schicksal der Angestellten wird man später reden.
Die beiden Verwaltungsratspräsidenten sind unterschiedlicher Stimmung: Der Schluckspecht von der UBS freut sich wie ein Schneekönig: «Es freut mich, hier zu sein und diese Übernahme anzukündigen - das ist eine Riesenchance für uns, das stärkt unsere Position!», heisst er mit leuchtend blauen Augen über gleichfarbiger Krawatte schon mal die Neukund:innen herzlich willkommen. Der schon halb von der Riesenpython Verschlungene CS-Mann hält tapfer mit, hat aber noch nicht realisiert, was es geschlagen hat, wenn er sagt: «Die präsentierte Lösung ist die bestmögliche, wir wollen voll auf die Zukunft fokussieren, wir werden wieder ein stabiler und verlässlicher Partner sein.» Seit wann führen Schlange und Kaninchen eine Partnerschaft? Die CS wird verschwinden, kleiner Trost im Fachjargon: Bis zum Closing wird der Brand da sein.
Das sei keine staatliche Rettung, betont die Finanzministerin, sondern ein kommerzielles Geschäft: Eine Bank kauft eine andere. Alles ganz normal. Vertrauen lässt sich nicht regulieren. Es gibt einfach ein paar Garantien im Hintergrund, falls was schief geht, nicht der Rede wert, vielleicht braucht man das Geld ja gar nicht. Im Ganzen sind es bloss 209 000 000 000 – für mich schwer vorstellbar, die Zahl. Wahrscheinlich hats im Zoo nicht ganz so viele Flöhe.
Präziser beobachtet keiner: Der Wolf Lonely Lurker schleicht im «Zoo» auf woz.ch jeder Fährte nach.
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