Koloniales Wandbild kommt ins Museum

Vorbildlich, wie die Stadt Bern die Kontroverse um ein Wandbild mit drei rassistischen Darstellungen im Schulhaus Wylergut nun ausgehen lässt: Das Wandbild wird mit fachgerechter Sorgfalt entfernt und wandert ins Bernische Historische Museum, wo es im Rahmen einer Ausstellung kontextualisiert werden soll. Den Anstoss dazu gibt das Projekt «Das Wandbild muss weg!» von Ashkira Darman, Fatima Moumouni, Vera Ryser, Bernhard Schär und Angela Wittwer; es wurde in einer von der Stadt beauftragten Fachjury im Rahmen eines Wettbewerbs ausgewählt. Der daraufhin gegründete Verein erhält 55’000 Franken von der Stadt und weitere Beiträge von anderen Geldgebern, darunter gar die Burgergemeinde. Gut so.

Eigentlich ist die Sache klar. Das Wandbild, 1949 von den Künstlern Eugen Jordi (1894–1983) und Emil Zbinden (1908–1991) geschaffen, zeigt ein illustriertes Alphabet. Die meisten Bilder zeigen Tiere und Gegenstände, bei den Buchstaben C, I und N sind jedoch koloniale Stereotype von nichteuropäischen Menschen abgebildet. Siebzig Jahre lang interessierte das niemanden, bis 2019 ein Artikel im «Bund» eine intensive Debatte anstiess.

Im Sommer 2020 übermalten anonyme Aktivist:innen die drei rassistischen Darstellungen mit schwarzer Farbe. Bald darauf wetterte der Tamedia-Journalist Michael Marti, es sei gelungen, «einen halben Quadratmeter Kunst am Bau […] als eine für die Bevölkerung akut gefährliche, hochtoxische rassistische Altlast zu dämonisieren». In ähnlichem Ton meldeten sich seither verschiedene Männer zu Wort, im Frühling 2021 etwa der pensionierte Lehrer Hans Witschi im «Bund», er fühle sich an die Bilderstürmer oder gar die «‹Entartete Kunst›-Mentalität von 1937» erinnert. Im lokalen Onlinemedium «Journal B» bot Autor Willi Egloff eine Fülle architektonischer und künstlerischer Argumente gegen die «unwiederbringliche Zerstörung» des Werks auf.

Dass in einem Primarschulhaus, wo längst Kinder unterschiedlicher Herkunft zur Schule gehen, eine Kontextualisierung vor Ort nicht mehr genug ist, um die ständige Präsenz kolonialer Darstellungen in einem Werk mit umstrittenem künstlerischem Wert zu rechtfertigen, werden irgendwann vielleicht auch die renitenten Wetterer einsehen.

Fakten, Fakten, Fakten: Der Oberleguan rückt die Dinge zurecht.