Viola Amherd: Der Scherben­haufen bleibt

Der vielleicht folgenschwerste Entscheid von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd, die gestern überraschend ihren Rücktritt per Ende März bekannt gab, liegt gut zwei Jahre zurück: Am 8. Dezember 2022 kommunizierte der Gesamtbundesrat die Verteilung der Departemente. Amherd entschied damals, weiterhin dem Verteidigungsdepartement (VBS) vorzustehen, obschon der Walliserin die Möglichkeit offenstand, das prestigeträchtige Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) zu übernehmen. Stattdessen konnte sich der gewiefte Atom-, Öl- und Autolobbyist Albert Rösti (SVP) das Uvek krallen.

Fakt ist: Kein anderes Departement sorgt seit Jahrzehnten so verlässlich für Skandale, Pleiten und Pannen wie das VBS. Ein besonders gravierender Fall ereignete sich in den sechziger Jahren mit der sogenannten Mirage-Affäre. Die Beschaffung der französischen Kampfjets verursachte horrende Mehrkosten und führte zur Einsetzung der allerersten parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Diese kam zu einem vernichtenden Urteil: Das Militärdepartement habe die Regierung, das Parlament und die Öffentlichkeit getäuscht.

In beiden Fällen zeigte sich, dass die verantwortlichen Akteur:innen wie auch der Geheimdienst und die Armee sehr eigenmächtig und weitgehend ohne Kontrolle des jeweils zuständigen Departementsvorstehers handeln konnten. Es ist ein Muster, das sich über die beiden grossen Skandale hinaus durchzieht. Bis heute.

Auch Viola Amherd gewährte insbesondere der Armee und deren Chef Thomas Süssli viel Gestaltungsraum und setzte sich zudem bedingungslos für deren Anliegen ein – etwa für die Beschaffung von 36 US-Kampfjets. Anschaffung und Unterhalt dieser F-35 werden mindestens 15,5 Milliarden Franken kosten und ein riesiges Loch ins Armeebudget reissen. Zahlreiche – auch internationale – Medienberichte deuten auf Lieferschwierigkeiten und Mehrkosten hin; die Mirage-Affäre lässt grüssen.

Auch bei anderen Armeeprojekten drohen Risiken oder bestehen grosse Probleme. So sehr, dass die Finanzkommission Anfang dieses Jahres Alarm schlug und einen «geharnischten Brief» («Blick») an Noch-Bundesrätin Amherd verfasste, der Probleme und Risiken bei gleich sieben grossen Rüstungs- und IT-Vorhaben ausmacht. Am Ende stehen hier Abermillionen von Steuergeldern auf dem Spiel.

Viola Amherd hinterlässt im VBS einen veritablen Scherbenhaufen. Ihr Rücktritt wäre eine Chance, das Departement und insbesondere eine Armee mit Allmachtsfantasien endlich zu führen und letztlich auch zu kontrollieren.