Drohnen-Desaster: Dysfunktional? Egal!

Nr. 5 –

Teure Rüstungsgeschäfte drohen zu scheitern. Doch das Parlament will die Armee trotz fehlender Strategie mit Steuergeldern überschütten.

Vernichtender kann ein Urteil kaum sein: «Diese Schieflage ist in erster Linie das Ergebnis einer Kombination aus zu ambitionierten Zielen, mangelhafter Planung und Steuerung sowie unzureichendem Risiko- und Qualitätsmanagement.» Diesen Satz formulierte die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) in ihrem vergangene Woche publizierten Prüfbericht «zur Einsatztauglichkeit des Aufklärungsdrohnensystems ADS 15».

Zum Kontext: Im Jahr 2008, als der Vorsteher des Verteidigungsdepartements Samuel Schmid (SVP) hiess, beschloss die Armee die Beschaffung von sechs israelischen Aufklärungsdrohnen für 250 Millionen Franken. Siebzehn Jahre später sind die Drohnen noch immer nicht im Einsatz, und die Kosten belaufen sich mittlerweile auf 300 Millionen Franken. Längst betiteln die Medien das Beschaffungsprojekt als «Debakel», während die EFK warnt: «Dringendes Handeln ist erforderlich.»

Das Drohnendebakel ist nur ein Akt des Militärtheaters. Kurz vor Weihnachten schlug die parlamentarische Finanzaufsicht Alarm: In einem Schreiben an Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte), die kürzlich ihren Rücktritt per Ende März bekannt gab, äusserte sich die Finanzdelegation beunruhigt über sieben grössere Rüstungs- und IT-Beschaffungen im Umfang von neunzehn Milliarden Franken. Es gebe zunehmende Verzögerungen, steigende Risiken und ungenügende Ressourcen, heisst es im Schreiben.

Die Armee steckt ganz offensichtlich in einer gravierenden Beschaffungskrise. Im Zentrum der Kritik steht dabei das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse), das die Beschaffungen für die Armee organisiert. Dessen Direktor, Urs Loher, schob die Verantwortung für das Drohnendebakel letzte Woche der israelischen Herstellerfirma Elbit zu. Diese habe das Projekt unterschätzt. «Wir waren zu gutgläubig», gab Loher an. Auch Armeechef Thomas Süssli und Bundesrätin Amherd versuchten in den letzten Tagen, die Krise zu relativieren. Die Projekte seien teils «hochkomplex» und «die Anforderungen sehr hoch», ausserdem gebe es Hunderte weitere Beschaffungen, die gut laufen würden. Amherd wies zudem darauf hin, dass sie ein externes Anwaltsbüro engagiert habe, um zu prüfen, ob das Drohnenprojekt abgebrochen werden solle: «Das Fazit lautete jedoch, dass es dafür zu spät sei, da schon zu viel Geld investiert sei.»

An dieser Stelle lohnt es sich, das eingangs erwähnte Fazit der Finanzkontrolle zu wiederholen: «Diese Schieflage ist in erster Linie das Ergebnis einer Kombination aus zu ambitionierten Zielen, mangelhafter Planung und Steuerung sowie unzureichendem Risiko- und Qualitätsmanagement.» Es ist deutlich genug: Die Beschaffungskrise ist und bleibt hausgemacht, und sie liegt in der Verantwortung des Führungspersonals.

Im Fall von Armasuisse ist offenkundig, dass alle drei bisher für das Drohnenprojekt verantwortlichen Direktoren – Jakob Baumann, Martin Sonderegger und aktuell Urs Loher – sehr enge Verbindungen zur Rüstungsindustrie aufweisen (siehe WOZ Nr. 36/23) oder ihr gesamtes bisheriges Arbeitsleben einzig und allein im Verteidigungsdepartement verbrachten. Statt kritischer Distanz zum Geschäftsumfeld pflegt die Rüstungsbeschaffungsbehörde eine ausgeprägte Nähe zu ihm.

Und das Problem geht letztlich über die Beschaffungen und Armasuisse hinaus: Es fehlt noch immer eine kohärente sicherheitspolitische Strategie. Stattdessen gibt es einen Forderungskatalog für eine hochaufgerüstete, schwer bewaffnete Truppe, die Armeechef Thomas Süssli in einem Schwarzbuch skizziert hat – ausgehend von einem Bedrohungsszenario, das sogar der Geheimdienst für unrealistisch hält.

Angebracht wäre also einerseits eine möglichst schonungslose und unabhängige Analyse der aktuellen Beschaffungspraxis und andererseits die politische Ausarbeitung einer klaren Strategie. Stattdessen geschieht tragischerweise genau das Gegenteil: Sowohl der Bundesrat wie auch das Parlament wollen das Armeebudget in den kommenden Jahren um mehrere Milliarden Franken aufstocken – und das Beschaffungsvolumen der Armee weiter aufblähen.