Felsenfest in Bewegung
«Die Berge sind einfach da. Die können nichts dafür, dass wir da draufklettern», sagt die junge Bergführerin mit einem wehmütigen Lächeln. Gerade hat sie erzählt, wie ihr Freund vor nicht allzu langer Zeit bei einem Kletterunfall ums Leben gekommen ist.
Sinnsuche in den Bergen, die Suche nach dem Sinn der Berge: Um diese Themen kreist der neue Dokumentarfilm von Dominique Margot. Zu Wort kommen Menschen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit den Bergen beschäftigen: darunter Naturwissenschaftler:innen und Künstler:innen, aber auch Menschen, die im Tourismus arbeiten und in den Bergen ihre Lebensgrundlage sehen, und sogar ein Exbankier, der als Geomant nun Hoffnung in den Erdkräften sucht. Gerade durch diese Auswahl, gepaart mit seinem klaren philosophischen Fokus, hebt sich «Bergfahrt» von anderen Schweizer Dokumentarfilmen zum Thema ab, die sich typischerweise auf die alpine Landwirtschaft oder auf Volkskultur konzentrieren.
Was alle diese Menschen vereint: Ihre Beschäftigung mit dem Berg bringt sie dazu, herkömmliches Denken rund um Raum und Zeit infrage zu stellen. Wie etwa, ob die Berglandschaft tatsächlich felsenfest dasteht und nicht eher in ständiger Bewegung ist – oder ob Ereignisse aus anderen Orten und Zeiten noch als Schallwellen in den höchsten Lagen unterwegs sind. Dabei erweist sich ein Thema als besonders virulent: der Klimawandel. Wie ein Glaziologe sagt: Der Gletscher mache das Unsichtbare sichtbar – will heissen, die Effekte der fossilen Brennstoffe seien um einiges verheerender als die übliche geologische Verschiebung der Landmassen «im Gletschertempo».
Wer die Berge filmt, läuft auch Gefahr, kitschig-klischierte Bilder herzustellen. Margot umgeht diese Falle souverän, unter anderem, indem die Aussichten bei ihr immer in Verbindung zu den Menschen stehen. In der Fragestellung wie auch in seiner starken und anrührenden Bildsprache bleibt «Bergfahrt» nah an der Wechselwirkung zwischen menschlichem Tun und Umwelt.
«Bergfahrt». Regie: Dominique Margot. In: Solothurn, Reithalle, Sa, 20. Januar 2024, 18 Uhr, und Landhaus, Mo, 22. Januar 2024, 10.15 Uhr. Ab 8. Februar 2024 im Kino.