Sly Stone (1943–2025): Der erste Schwarze Popstar

Radikal überwand er als Erster die Segregation der Popmusik. Mit seiner Band, Sly and the Family Stone, spielte Sly Stone 1969 sowohl am weissen Woodstock wie beim Harlem Cultural Festival vor einer rein Schwarzen Crowd. Die Nasa flog zum Mond, Stone hob ab in die Sphären des ersten Schwarzen Popstars, wenn Pop heisst: für alle. Das sah man schon in der Band selbst, denn da spielten zwei weisse Jungs mit, einer sogar am Schlagzeug. Fast noch krasser: auch zwei Frauen, seine Schwester Rose am Piano und Cynthia Robinson an der Trompete.
Dass Sly Stone ein Überflieger war, konnten alle sofort sehen: Singen in der Kirche als Primarschüler, die erste «gemischte» Doo-Wop-Gruppe mit sechzehn, lokaler Radio-DJ, mit zwanzig schreibt er den ersten Hit (für Bobby Freeman). Mit dem Geld kauft er sich einen violetten Jaguar, trägt Fransen und Seide und studiert nebenbei klassische Harmonielehre und Arrangement. Stone erfindet in den Sechzigern, was Prince in den achtziger Jahren zu Weltruhm brachte. Sein Sound nimmt den Gospel, den Funk und den Soul zwar mit, erweitert aber alles harmonisch mit Liedteilen, die eher nach Beatles klingen. Und der Multiinstrumentalist kann texten wie ein Dylan, etwa im Titelsong von «Stand!» (1969), wo sich ein Zwerg, Symbol für die bislang Marginalisierten, neben einem Riesen erhebt, der dabei ist zu stolpern. «Everyday People» wiederum, vom selben Album, klingt fast wie eine Rede des ermordeten Martin Luther King. Das politische Programm blieb aber tanzbar wie bei niemandem sonst.
Die politische Wende im Titel von Marvin Gayes Album «What’s Going On?» beantwortete Stone 1972 mit dem Kateralbum «There’s a Riot Going On»: Hangover vom ausbleibenden Wandel, aber auch von den Drogen, die sein Leben überschwemmen. Beides steckt in diesen Zeilen: «Feel so good inside myself, don’t want to move / As I go up I’m going down / And when I’m lost, I know I will be found.» Die (weisse) Kritik schäumte, mit wenigen Ausnahmen. Heute fehlt das Album in keiner Jahrhundertliste.
Was folgt, ist der krasseste Abstieg eines Popstars, den die Welt gesehen hat: jahrzehntelange Abhängigkeit, völliges Verschwinden. Erst vor seinem 80. Geburtstag hat ihn ein Biograf gefunden, und unlängst setzte ihm Ahmir «Questlove» Thompson ein sehenswertes Denkmal mit dem Film «Sly Lives!». Nun ist Sylvester Stewart, als der er geboren wurde, im Alter von 82 Jahren gestorben.