Neues aus der Wissenschaft: Telefonieren mit links

Nr. 13 –

Das Schweizerische Tropen- und Public Health Institut (Swiss TPH) in Basel hat in den vergangenen vier Jahren eine ganz besondere Seuche untersucht: die Handyseuche unter Jugendlichen. Mit Eintritt in die Pubertät scheint der in alle Richtungen ausschlagende Körper von Jugendlichen buchstäblich mit dem Mobiltelefon zu verwachsen – so viel verrät das alltägliche Beobachtungswissen auch NichtforscherInnen. Doch welchen Einfluss hat diese mitunter exzessive Handynutzung auf Gesundheit, Verhalten und kognitive Fähigkeiten Jugendlicher?

Über 400 Vierzehnjährige haben den Basler ForscherInnen die Daten ihrer Mobilfunkanbieter zur Verfügung gestellt, Fragebögen zu ihrem Nutzungsverhalten selber ausgefüllt und von ihren Eltern ausfüllen lassen. Verhaltensauffälligkeiten irgendwelcher Art schienen sich – so die Resultate – auch bei exzessiver Handynutzung nicht einzustellen. Wobei es mit dem exzessiven Gebrauch so eine Sache ist: Im Schnitt telefonierten die Jugendlichen täglich weniger als zwei Minuten, die maximale Gesprächsdauer pro Tag blieb unter vierzig Minuten.

Just dafür interessierten sich die ForscherInnen vom Swiss TPH aber speziell: Gefahr vermuteten die SeuchenspezialistInnen nämlich eher in der Strahlenbelastung. Beim Telefonieren strahlt ein Handy bei schlechtem Empfang bis zu 10 000 Mal stärker als bei optimaler Verbindungsqualität. Neunzig Jugendliche bekamen deshalb für drei Tage ein Exposimeter verpasst, das die hochfrequente elektromagnetische Strahlung von Mobilfunkantennen, Handys, WLAN und anderen Sendeanlagen misst. Die Auswertungen zeigen klar, dass Handys für fast zwei Drittel der Dosis, also der vom Gewebe absorbierten Energie, verantwortlich sind.

Mehr noch, die mobilen Quasselstrippen bekamen über 500 Mal mehr Strahlung im Gehirn ab als jene, die nicht mit dem Handy telefonierten. Und selbst wenn die gemessenen Werte weit unterhalb der gesetzlich festgelegten Grenzwerte liegen: Jugendliche, die eine vergleichsweise hohe Strahlenbelastung aufwiesen, schnitten in Tests, in denen sie ihre Merkfähigkeit unter Beweis stellen mussten, deutlich schlechter ab. Eine biologische Erklärung für diese verminderte Gedächtnisleistung haben die Basler ForscherInnen nicht. Klar ist lediglich, dass vor allem die rechte Hirnhälfte betroffen ist. Jene Seite also, auf der die allermeisten Menschen telefonieren.

Womit ein weiteres Indiz die These stärkt, dass Linkshänderinnen intelligenter und kreativer sind als Rechtshänder. Mehr dazu demnächst.

Die Studie wird im Rahmen des EU-Projekts «Geronimo» weitergeführt. Mit Resultaten ist bis 2018 zu rechnen.