«Die Baader-Meinhof-Affäre»: Sinn im Dreck

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Das RAF-Gründungsmitglied Andreas Baader soll einmal gesagt haben, das Schlimmste, was einem passieren könne, sei Sympathisanten zu haben. Die hatte die RAF in den Siebzigern und Achtzigern nicht zu knapp, im damals so genannten antiimperialistischen Spektrum der Bundesrepublik. Die «Antiimpis» lagen mit den anderen Militanten aus den autonomen Bewegungen im Dauerclinch. Gefürchtet waren ihr Moralismus und ihre verbal radikale Härte, mit der sie glaubten, im Sinne der inhaftierten oder abgetauchten RAF-Mitglieder stellvertretend für den finalen Kampf zu agitieren. Mit der Auflösung der RAF vor einigen Jahren mag sich heute kaum jemand mehr an die Sprache und die Umgangsformen dieser Tage erinnern, auch die früheren Kämpferinnen der westdeutschen Guerilla nicht. Zumindest gibt es von Seiten der Ehemaligen bis heute keinen Versuch, sich der eigenen Geschichte kollektiv zu stellen.

Alle Projektionen

Mit dem Ende der RAF wurde das zuvor hoch emotionalisierte Thema in der Bundesrepublik öffentlich und kulturell bearbeitbarer. Noch in der polarisierten Stimmung der achtziger Jahre wäre ein poetischer Spielfilm wie Christian Petzolds «Die innere Sicherheit» undenkbar gewesen. Doch scheint mit dem Ende der RAF und der damit fehlenden Brisanz der Auseinandersetzung sich auch die Tür für alle möglichen Projektionen geöffnet zu haben. Christopher Roths Baader-Film fiel in diese Kategorie, und das Einzige, was sich dazu zu sagen lohnt, dass er eine der grössten deutschen Kinopleiten der letzten Jahre war. Ähnlich, wenn auch mit bescheideneren finanziellen Mitteln ausgestattet, dürfte es nun Erin Cosgrove mit ihrem Roman «Die Baader-Meinhof-Affäre» ergehen. Die US-Amerikanerin ist zurzeit mit einer ästhetisch sehr bescheiden anmutenden Arbeit in der RAF-Ausstellung in den Berliner Kunstwerken vertreten. Da hatte sie allerhand zur Menschheitsgeschichte an die Wand malen lassen, unter anderem, dass der Mauerbau zur Teilung Berlins 1958 stattgefunden habe (tatsächlich war es 1961).

Auch ihr Baader-Meinhof-Roman unterliegt einer willkürlichen, egomanisch anmutenden Setzung. Cosgrove stellt sich irgendwelche Spinner an irgendwelchen US-Unis vor, lässt Tofu essen und banales Zeug quatschen. Das Buch ist todlangweilig. Man sollte es George Bush unters Kopfkissen legen, aber bitte, übersetzen oder gar auf Deutsch zu lesen braucht man es wirklich nicht. Wers nicht glauben will, dem seien hier zum Schluss noch drei Gosgrove-Sätze am Stück zitiert: «Die Deutschen suchen in ihrem privaten Dreck nach Sinn; ganz so, wie man in der Antike in der Leber frisch geschlachteter Tiere nach Sinn suchte. Noch nie in meinem Leben hatte ich mit meiner Scheisse auf so vertrautem Fuss gestanden. Ich bin sicher, dass das unauslöschliche Auswirkungen auf meine künstlerische Entwicklung hatte.»

Erin Cosgrove: Die Baader-Meinhof-Affäre. Blumenbar Verlag. München 2005. 320 Seiten, Fr. 31.90