Durch den Monat mit Felix Lang (Teil 2): Eine Politfamilie?

Nr. 11 –

Felix Lang: «Wir Grünen haben ein klareres Profil als die SP.»

WOZ: Felix Lang, Sie sind seit 
Sonntag [8. März 2009] Solothurner Kantonsrat der Grünen. Gratulation.
Felix Lang: Danke. Das Ergebnis freut mich sehr. Ich wusste, dass ich Chancen hatte, aber es wurde doch noch extrem spannend, weil wir lange auf die Resultate aus Olten warten mussten.

Die Grünen haben zwei Sitze gewonnen, die SP hat vier verloren. Wie erklären Sie sich das?
Wir haben ein klareres Profil als die SP, wir äussern uns deutlich etwa gegen den Krieg in Gaza oder gegen die Pläne, Soldaten nach Somalia zu schicken. Das sind natürlich keine kantonalen Themen, aber dahinter stehen Grundsätze, die auch bei kantonalen Wahlen wirken.

Ihr Bruder Jo Lang ist Nationalrat in Zug und seit Jahrzehnten politisch aktiv. Liegt das Politisieren bei Ihnen in der Familie?
Das sind vor allem Jo und ich. Aber auch Albert, Lebensmittelinspektor im Kanton Aargau, freut sich auf seine neue Chefin, die erste grüne Regierungsrätin Susanne Hochuli.

Ihre Familie muss gross sein.
Wir sind acht Geschwister, Jo ist der Älteste, sieben Jahre älter als ich. Dann sind noch vier Stiefgeschwister dazugekommen, denn die Mutter ist mit 41 Jahren gestorben, und der Vater hat vier Jahre später eine Witwe mit vier Kindern geheiratet. Da waren wir zwölf. Aber wir haben nie alle unter einem Dach gewohnt. Jo war schon nicht mehr daheim, als Mutter starb.

Warum ist sie gestorben?
Herzversagen. Der jüngste Bruder war erst fünf Monate alt. Ich war achtjährig. Meine Geschwister sagen, für mich müsse es am schlimmsten gewesen sein. Ich war alt genug, um alles mitzubekommen, aber ich konnte es nicht verarbeiten.

Wie ging die Familie damit um?
Wir hatten es super zusammen, wir wurden über alles geliebt. Aber darüber konnten wir nicht offen reden. Vier Jahre lang hat jeder für sich selbst gelitten. Ich habe x-mal am Abend gebetet, die Mutter solle am Morgen wieder da sein, und sie kam halt nie mehr ... Doch, schliesslich kam sie für mich zurück, als der Vater wieder geheiratet hat. Da hatte ich wieder eine Mutter. Ich wehre mich heute noch gegen den Begriff «stiefmütterlich behandelt».

Warum ist Jo so früh ausgezogen?
Er war im katholischen Internat in Sarnen, er sollte Pfarrer werden. Für Jo war die Kirche damals wie ein Fenster zur Welt. Wir hatten Verwandte in der Mission, und Jos Firmgötti ist ein sehr progressiver Pfarrer. Der sagte einmal: «Ja, bei uns kannst du nicht einmal die SP wählen. Ich habe jetzt die POCH gewählt» – also die Kommunisten.

Wurden Sie wegen Jo politisiert?
Er hatte sicher einen Einfluss auf mich. Wegen ihm hatte ich die Zeitung «Bresche» der Revolutionären Marxistischen Liga abonniert. Obwohl ich am Anfang nur wenig verstanden habe. Aber der Ursprung unserer Politisierung lag in der Familie: Von der Mutter haben wir ein starkes Gerechtigkeitsdenken mitbekommen, auf christlich-sozialer Basis mit konservativem Fundament.

Kamen Sie früh zu den Grünen?
Nein, das ergab sich erst, nachdem wir den Bauernhof in Rohr übernommen hatten. 1997 gaben alle Gemeinderäte das Amt ab. Die Zeit für die Nominationen war abgelaufen, niemand hatte sich gemeldet, da hat mich einer angesprochen. Irgendwie bekamen wir fünf Leute zusammen. Einer musste Gemeindepräsident werden, und so kam es dann: Wir waren erst drei Jahre in Rohr, und schon war ich Präsident. Wir gingen die Arbeit mit Enthusiasmus an. Da waren einige Reformen nötig. Zum Beispiel in der Schule: Nachdem die Kantonsregierung ein Tagesschulkonzept abgeblockt hatte, beschlossen wir, die Gesamtschule zu schliessen.

Warum?
Wir hatten nur noch sieben, acht Kinder. Für die Viert- und Fünftklässler wurde es problematisch. Spätestens ab diesem Alter sollten Kinder gleichaltrige Kollegen haben. Wir hatten den Mut, das Ganze infrage zu stellen. Und die Leute waren einverstanden. Ausserdem haben wir die Elektrizitätsversorgung auf Vordermann gebracht und die Fusion der Bürger- und Einwohnergemeinde eingefädelt. Schliesslich schlugen wir eine Fusion mit der Nachbargemeinde vor. Die scheiterte dann an der Urne, und wir zogen die Konsequenzen und traten nach vier Jahren alle zurück.

Haben Sie damals gemerkt, dass Ihnen Politik Spass macht?
Ja. Ich hatte grossen Respekt vor dem Amt, aber es ging gut. Man muss auch nicht zu stolz sein, Hilfe zu holen. Aber es war schon ein Wahnsinnsaufwand. Ich habe viel zu viel gearbeitet in jener Zeit.

Felix Lang (48) ist Biobauer in Rohr 
bei Olten und wurde am Sonntag ins Solothurner Kantonsparlament gewählt. 
Er ist Vizepräsident der Solothurner Grünen und Ko-Präsident von Bio Nordwestschweiz.