Energieunternehmen Repower: Stromwaschanlage auf dem Bernina

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Der Lago Bianco liegt dort, wo die Schweiz berauschend schön ist. Manchmal funkelt der kleine See auf dem Berninapass wie ein Opal. Das Energieunternehmen Repower will ihn zu einem der mächtigsten Pumpspeicherseen der Schweiz ausbauen – das Kraftwerk soll eine Leistung von tausend Megawatt haben, vergleichbar mit einem grossen Schweizer AKW. Am vergangenen Wochenende hat die Gemeinde Poschiavo dem Megaprojekt zugestimmt.

Vor rund zehn Jahren kämpften die Umweltverbände heftig dagegen. Dann kam die Repower, die damals noch Rätia Energie hiess, auf die clevere Idee, die Umweltverbände zu fragen, was sie besser machen würden. Diese stiegen darauf ein und halfen, das Projekt umweltfreundlicher zu gestalten. Gallus Cadonau, Geschäftsführer der Greina-Stiftung, war dabei und schreibt heute in Leserbriefen: «Aus dem wwökologischen Albtraum wurde ein Werk, das 10-mal mehr Strom erzeugt und 20-mal ökologischer ist.»

Die Repower dankt ihm sein Engagement und stiftet 300 000 Franken für den Solarpreis der Solaragentur, bei der Gallus Cadonau ebenfalls als Geschäftsführer amtet. Den Preis gibt es seit zwanzig Jahren, aber bisher ohne Geld, dafür mit viel Ehre. Mit dieser Unschuld ist es nun vorbei: In der Welt, in der Repower agiert, ist Nachhaltigkeit nur ein Mittel zum Zweck. Repower plant zum Beispiel in Brunsbüttel in Norddeutschland ein riesiges Kohlekraftwerk, gegen das die lokale Bevölkerung seit Jahren opponiert. An der Südspitze Italiens bei Saline Ioniche gedenkt die Repower ein weiteres Kohlekraftwerk hinzustellen. Beide Anlagen gelten als Dreckschleudern. Sie werden viel CO2 ausstossen: ein Fünftel der CO2-Menge, die die ganze Schweiz heute in die Luft lässt.

Den Lago Bianco braucht die Repower als Superbatterie. Denn die Kohlekraftwerke produzieren nachts Strom, den niemand will. Also nutzt man den überflüssigen Kohlestrom, um nachts aus dem See bei Poschiavo Wasser auf den Berninapass zu pumpen. Zur Mittagszeit – wenn der Strom Gold wert ist – wird das Wasser dann auf die Turbinen geleitet.

Mitte Dezember muss noch die Bevölkerung von Pontresina über das Projekt abstimmen. Sie hat es in der Hand, die Stromwaschanlage auf dem Bernina zu verhindern.