Asylpolitik: Die Handschrift des Scharfmachers

Nr. 20 –

Kein anderes Gesetz wurde in den letzten dreissig Jahren häufiger überarbeitet. Seit 1981 das Asylgesetz in Kraft trat, gab es sechs Teilrevisionen (zuletzt 2008) und eine Totalrevision (1998). Wobei «Revision» den Sachverhalt verwässert, waren es doch stets Verschärfungen.

Und die nächste Verschärfungsrunde ist bereits eingeläutet: Mitte Juni stimmt der Nationalrat darüber ab. Es begann vor zwei Jahren mit den Vorschlägen des Bundesrats, im Dezember folgten die Empfehlungen der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, und letzte Woche war die vorberatende Kommission des Nationalrats (SPK-N) an der Reihe. Die SPK-N folgte den bereits geforderten Verschärfungsvorschlägen: Desertion und Kriegsdienstverweigerung sollen nicht mehr als Asylgründe gelten, die Möglichkeit, auf Schweizer Botschaften Asylgesuche zu stellen, wird aufgehoben. Die SPK-N ging aber noch weiter und forderte faktisch die Abschaffung des Familiennachzugs von Flüchtlingen.

Die Forderung trägt die Handschrift von Philipp Müller. Der Nationalrat und neue FDP-Präsident ist im rechtsbürgerlichen Lager die prägende Figur im Bereich der Migrationspolitik. Zur Erinnerung: Müller katapultierte sich einst mit einer Initiative ins politische Rampenlicht, die den AusländerInnenanteil auf achtzehn Prozent beschränken wollte.

Immerhin in einem Punkt hat sich die SPK-N den Forderungen des rechtsbürgerlichen Lagers widersetzt: Sie hat den Vorschlag abgelehnt, künftig allen Asylsuchenden nur noch Nothilfe zukommen zu lassen. Bisher ist das Nothilferegime auf abgewiesene Asylsuchende und solche mit einem Nichteintretensentscheid beschränkt. Ihnen stehen täglich maximal zwölf Franken für Nahrung und Hygiene zu. Entweder leben die mit Arbeitsverbot belegten Betroffenen im Elend, oder sie tauchen unter. Heute stecken etwa 7200 Menschen in diesem System. Stimmt der Nationalrat Mitte Juni der rechtsbürgerlichen Forderung zu, wären es bald 25 000  – darunter viele Frauen und Kinder.