Durch den Monat mit Mona Petri (Teil 4): Haben sie schon mal ein Engagement bereut?
Mona Petri schätzt die Möglichkeiten der Demokratie und geht am liebsten sonntags im Quartier abstimmen. Anderen etwas vorschreiben mag sie allerdings nicht. Deshalb ist sie auch lieber Schauspielerin als Regisseurin.
WOZ: Mona Petri, Sie haben ein Mikrofon und drei Minuten Zeit, sich an die Welt zu richten. Was würden Sie sagen?
Mona Petri: Es gibt Menschen, die wären jetzt voller Botschaften. Aber auch wenn ich es grundsätzlich richtig finde, so einen Moment zu nutzen, wüsste ich nicht, was ich sagen sollte. Sicher, ich habe eine klare Vorstellung von dem, was wichtig und richtig ist im Leben. Ich bin auch mit dem Anspruch aufgewachsen, mit möglichst gutem Beispiel voranzugehen. Aber ich habe keine «Message» für andere. Dazu ist mein Respekt vor dem Leben der anderen zu gross. Jeder trifft seine eigenen Entscheidungen aus seiner individuellen Situation heraus.
Aber Ihre eigene Meinung vertreten Sie schon? Zum Beispiel an der Abstimmung vom kommenden Sonntag?
O ja, unbedingt! Seit ich achtzehn Jahre alt bin, habe ich kaum eine Abstimmung verpasst. Ich informiere mich über die Vorlagen, erlaube mir aber auch, im Notfall die Abstimmungsparolen zu googeln. Das meiste lässt sich mit etwas gesundem Menschenverstand gut beurteilen. Man sollte nicht alles den Spezialisten überlassen.
Wenn es mir möglich ist, stimme ich ganz klassisch ab, sonntags im Quartier. Das ist schliesslich ein symbolischer Vorgang: Mit jedem Gang zur Urne steht man auch ein für die Demokratie. Es gibt so viele Orte auf der Welt, wo man nichts zu melden hat. Gerade durch die Auseinandersetzung mit Iris von Roten ist mir das wieder klar geworden: Es ist noch gar nicht so lange her, da hatten wir diese Möglichkeit nicht – aus dem einzigen Grund, dass wir Frauen waren!
Inwiefern übertragen Sie Ihre politische Überzeugung auf Ihr Berufsleben? Würden Sie beispielsweise eine Rechtspopulistin verkörpern?
Es kommt doch drauf an, was man als Schauspielerin daraus macht. Es geht also weniger um die einzelne Figur als um die Gesamtaussage des Films oder Theaterstücks. Eine Polizistinnenvariante von mir gibt es jedenfalls schon – in «Geld oder Leben» von Jacqueline Falk. In einem Film, der die Botschaft transportiert, es sei sinnvoll, zum Militär zu gehen, würde ich aber nicht mitspielen. Oder wenn Asylsuchende in ein schiefes Licht gerückt würden. Da wäre meine Antwort klar: Nein, nicht mit meinem Gesicht. Künstlerisch darf es aber schon auch mal «trashig» sein oder einfach auf dem, was man gemeinhin Fernsehunterhaltungsniveau nennt.
Gab es Filme oder Stücke, bei denen Sie Ihre Mitwirkung nachträglich bereut haben?
Es braucht wenig, dass sich ein Projekt in sein Gegenteil verkehrt. Sei es, weil man mit dem Partner nicht klarkommt oder weil man die Regie nicht versteht. Das ist schlimmer, wenn man sich eine Rolle wirklich gewünscht hat. Und handkehrum kann man bei vermeintlich schlechten Rollen wahre Sternmomente erleben. Mein darstellerisches Highlight entstand, als ich ein Stück und die Regie so katastrophal fand, dass ich schliesslich ganz ohne falsche Ehrfurcht gearbeitet habe. Das war im Nachhinein betrachtet ein wichtiger Moment für meine spielerische Autonomie.
Gibt es noch offene Zukunftsträume? Regie zu führen beispielsweise?
Ich bin eher nicht so der Leadertyp. Es gehört eben auch zur Schauspielerei, nicht diejenige zu sein, die Entscheidungen fällt, sondern sich führen zu lassen. Auch wenn ich bei Jugendklubs schon mehrmals Koregie führte, ging es jeweils weniger um meine Kreation als darum, den Jugendlichen Sicherheit im Spiel zu geben. Trotzdem mische ich mich ein, und ich werde auch gern gehört. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Ich bin zwar eigenständig und manchmal auch eigenwillig, aber ich habe nicht das Bedürfnis, andere mitzuziehen oder zu bestimmen. Da wären wir dann wieder bei der Eingangsfrage mit dem Mikrofon. Ich sehe mich eher in der Position der Übersetzerin. Auch als Dramaturgin und Autorin adaptiere ich lieber Bestehendes für die Bühne, als etwas aus dem Nichts heraus zu schaffen. Da liegt noch einiges in den Schubladen, das bearbeitet werden will.
Und in welche Richtung möchten Sie in Zukunft gehen?
Mein Leben hat keine klaren Abschnitte und Richtungen. Eher webe ich wie eine Spinne mein Netz und ziehe die Fäden mal hierhin, mal dorthin. Es gibt also viele Möglichkeiten. Wenn ich es zeitlich und finanziell einrichten kann, möchte ich gerne meine Pflegeausbildung vertiefen. Es gibt da eine neue Spezialisierung für Demenzkranke. Aber im Moment muss das noch warten. Bald beginnen die Proben für die Zürcher Festspiele. In «Die Heimholung» von Ludger Lütkehaus spiele ich unter der Regie von Volker Hesse die Schwester von Friedrich Nietzsche, eine sehr zwiespältige Figur. Und den Sommer über trete ich im Freilichttheater Ballenberg auf. Tim Krohn inszeniert «Vehsturz», in dem ich sogar ein paar Lieder singen werde. Und dann würde ich gerne mit meiner Tochter auf Abenteuerreise gehen, nach Südamerika beispielsweise. Es geht so schnell, und die Kinder sind erwachsen.
Mona Petri (36) ist Mutter einer achtjährigen Tochter, Theater- und Filmschauspielerin, Pflegehelferin in einem Altersheim und manchmal auch Übersetzerin, Autorin oder Koregisseurin. Für ihre Interpretation der Schweizer Frauenrechtlerin Iris von Roten im Film «Verliebte Feinde» von Werner «Swiss» Schweizer ist sie für den Schweizer Filmpreis als beste Darstellerin nominiert.