Durch den Monat mit Mona Petri (Teil 1): Was fasziniert Sie so an Iris von Roten?

Nr. 6 –

Im Jahr 2007 hörte Mona Petri erstmals von Iris von Roten und las daraufhin Wilfried Meichtrys Briefbiografie «Verliebte Feinde» «in einem Schnurz». Sechs Jahre später erscheint sie nun als Verkörperung der Frauenrechtlerin auf der Leinwand.

Mona Petri: «Ich habe nach der Lektüre des Buchs über Iris und Peter von Roten viel und intensiv mit Freundinnen darüber diskutiert.»

WOZ: Gratulation, Frau Petri! An den Solothurner Filmtagen wurden Sie letzte Woche neben Sibylle Brunner und Sabine Timoteo als beste Darstellerin für den Schweizer Filmpreis nominiert. Bei der Nacht der Nominationen fehlten Sie allerdings. War Ihnen nicht nach Feiern zumute?
Mona Petri: Doch, doch, ich feiere gern! Aber der Vater meiner Tochter lebt in Berlin, und so bin ich bis auf weiteres alleinerziehend. Da muss ich mich manchmal fürs Zuhausesein und gegen eine Feier entscheiden.

Die Auszeichnung gab es für Ihre Interpretation einer historischen Figur: Im Spielfilm «Verliebte Feinde» spielen Sie die Schweizer Frauenrechtlerin Iris von Roten. Kannten Sie deren Geschichte vorher?
Ich hatte 2007 eine Besprechung des Buchs «Verliebte Feinde» von Wilfried Meichtry gelesen und das Buch noch am selben Tag in meiner Quartierbuchhandlung gekauft. Es basiert – wie der Film – auf den gut 1500 Briefen, die sich Iris und Peter von Roten im Laufe ihres aussergewöhnlichen Ehelebens schrieben. Ich habe es in einem Schnurz durchgelesen und danach viel und intensiv mit Freundinnen darüber diskutiert. Wir haben sogar daran gedacht, dass man das auf die Bühne bringen sollte.

Was hat Sie an der Briefbiografie denn so fasziniert?
Einerseits der leidenschaftliche Kampf, den Iris von Roten für ihre Überzeugung geführt hat. Aber auch diese unglaublich offene Beziehung hat mich enorm berührt. Dieser Umgang miteinander: absolut vorbildhaft! Und dann das Glück, dass diese Frau mit all ihrer Störrischkeit, ihren Ecken und Kanten auf einen Mann traf, der sich zu ihr bekannte, der ihre Anliegen unterstützte und sie liebte – und dabei selbst auch eine grosse, sperrige und wichtige Figur war. Dieser «Starfight» zwischen zwei starken Charakteren, der beiden so viel Raum liess. Erst später entdeckte ich, dass auch meine Mutter Iris von Rotens Manifest «Frauen im Laufgitter» im Regal stehen hatte. Ich kannte also ihre Briefe, ihre Ansichten und über weite Strecken auch ihre Lebensgeschichte, als ich zum Casting eingeladen wurde.

Wo sehen Sie selbst die grössten Unterschiede zwischen der realen Iris von Roten und Ihrer Interpretation?
Ich bin weniger kantig und, wie soll man sagen … anmutiger vielleicht. Wobei ich glaube, dass Iris auch weicher gewesen wäre, wenn sie nicht diesen Stacheldraht um sich herum hätte aufbauen müssen, um die aggressiven Anfeindungen ihrer Gegner zu überstehen. Das war ihre Überlebensstrategie, die sie brauchte, um ernst genommen und nicht zertrampelt zu werden. Es gab da durchaus auch einen sehr sinnlichen, dem Leben zugewandten Teil in ihr. Sonst hätte sie nicht solch luxuriöse Stoffe getragen, die sie auf der Haut spüren konnte, und sich ihre extravaganten Kleider nicht immer von derselben Schneiderin anfertigen lassen. Später in ihrem Leben sagte sie einmal, sie brauche jeden Tag auch Schönheit, das sei wie essen und trinken. Diese Frau war nicht darauf aus, mit dem Maschinengewehr aufzutreten.

Können Sie sich auch politisch mit Iris von Roten identifizieren?
Vieles, das Iris für sich erkämpfen musste, war für meine Generation selbstverständlich. Als Kind habe ich doch gar nicht gemerkt, dass ich ein Mädchen bin, das spielte damals keine Rolle. Umso bedenklicher finde ich, wie perfid sich die alten Ideale – die früher tatsächlich Zwänge waren – wieder in die Gesellschaft zurückschleichen. Seit ich Mutter bin, fällt mir noch mehr auf, wie oft wir Frauen mit fürsorglichen, kochenden und formbaren Vorbildern konfrontiert werden. Umso stärker ist meine Bewunderung für Iris von Roten, die ihren eigenen Weg so unbeirrt gegangen ist. Sie kämpfte schon in den fünfziger Jahren für ausserfamiliäre Kinderbetreuung. Ich dagegen könnte mir ein Leben ohne Krippen- und Hortangebote gar nicht vorstellen. Nicht nur, weil ich aus beruflichen Gründen darauf angewiesen bin, sondern auch aus der pädagogischen Überzeugung heraus, dass es meinem Kind guttut, andere Umfelder zu kennen als nur das Zuhause. Ich bin den Feministinnen sehr dankbar für den Freiraum, den sie uns freigebombt haben.

Und was halten Sie von der Quotendiskussion?
Quoten sind mir zwar nicht sympathisch, aber sie sind eine Möglichkeit, Bewegung in diese verfahrene Angelegenheit zu bringen. Die Gründe, dass es so wenige Frauen in Spitzenpositionen gibt, sind ja nicht natürlich. Manchmal stimmt eine Massnahme zwar nicht ganz, aber sie bewegt die Dinge in die richtige Richtung. Auch Iris von Roten vertrat manchmal Forderungen, über die man heute staunen mag, aber das hat Bewegung in die Sache gebracht. Aber ich sehe vieles nicht so schwarz-weiss und habe oft keine klare Meinung. Darum bin ich wohl auch keine Politikerin. Wobei, beim Grundeinkommen bin ich eindeutig dafür. Wir hatten schon genügend Pflästerli gegen den Neoliberalismus, es ist höchste Zeit, etwas Neues zu probieren.

Mona Petri (36) arbeitet seit 2001 als Theater- und Filmschauspielerin in Deutschland und in 
der Schweiz. Als Filmschauspielerin wurde 
sie bereits 2003 mit dem Schweizer Filmpreis als beste Darstellerin für ihre Rolle im Fernsehfilm «Füür oder Flamme» von Markus Fischer ausgezeichnet. Ab 21. Februar 2013 ist sie als Iris von Roten in Werner «Swiss» Schweizers Film «Verliebte Feinde» in den Kinos zu sehen.