Durch den Monat mit Mona Petri (Teil 2): Mussten Sie sich vom Erbe Ihrer Familie distanzieren?

Nr. 7 –

Ihre Grossmutter war eine legendäre Schauspielerin, ihre Eltern sind bekannte MusikerInnen, die Schwester singt Opern, Onkel und Cousins machen Filme. Steht man als Künstlerin unter stärkerem Druck, wenn man aus einer Familie wie derjenigen der Fueters kommt?

Mona Petri: «Ich habe mir mittlerweile meinen eigenen Weg durch dieses Kunstzeugs gebahnt und mein eigenes Plätzchen erobert.»

WOZ: Frau Petri, mit der Heirat haben Sie den Namen Ihres Manns angenommen. Das passt nicht ganz zu ihrem feministischen Selbstverständnis. Wollten Sie sich so von Ihrer Herkunft emanzipieren? Sie stammen ja aus einer Künstlerdynastie.
Mona Petri: Die Distanz zu meiner Herkunft holte ich mir nicht über den Namenswechsel, sondern indem ich nach der Schauspielschule in Deutschland arbeitete. Über vier Jahre gehörte ich zum Ensemble am Theater in Karlsruhe, wo ich auch meinen Mann, Jannek Petri, kennenlernte. Davor war ich in Tübingen. Mir gefiel der Name «Fueter» schon als Kind nie, allein schon wegen der Bedeutung: «Futter». Und in der Schweiz wurde ich tatsächlich sofort eingeordnet, also jeweils mit Musik, Film und Theater in Verbindung gebracht. Sobald man aber aus der Schweiz draussen ist, sprechen es alle falsch aus. Da rief man nach «Frau Füter» – schrecklich! «Petri» hingegen gefiel mir von Anfang an, es ist völlig unprätentiös, und ausserdem in allen Ländern und Sprachen aussprechbar. Nur in der Schweiz hängt man mir auch nach zehn Jahren noch häufig den Bindestrich mit Fueter an. Wohl weil man sich damit ein grösseres Publikum erhofft.

Ihre Eltern, der frühere Rektor der Hochschule Musik und Theater in Zürich, Daniel Fueter, und die Flötistin Anna-Katharina Graf, sind in klassischen und zeitgenössischen Musikkreisen bekannt. Ihre Schwester, Rea Kost, wurde Opernsängerin. Sie selbst spielten intensiv Flöte – stand nie zur Diskussion, dass Sie ebenfalls die Konzertreife erlangen?
Natürlich war und ist Musik in meiner Familie – und auch für mich – sehr wichtig. Aber ich gelangte relativ früh zur Einsicht, dass ich nicht über dieses ausschliessliche Interesse und das Talent verfüge, das es für eine Karriere als Profimusikerin braucht. Das Theater faszinierte mich genauso – und dann vor allem die Sprachen. Darum wollte ich zunächst Übersetzerin werden. Oder Historikerin. Ich wollte nachdenken, studieren. Daneben arbeitete ich aber auch in der Altenpflege. Die Wahrheit war für mich nie etwas Klares. Es gibt ja diese bewundernswerten Menschen, die immer wissen, was richtig ist und wie man sich entscheiden muss. Das ist bei mir – im Leben wie beim Arbeiten – eher ein Flickenteppich. Ich hatte nie diese eine Leidenschaft, die mir sagte: «Ich will jetzt Schauspielerin» oder «Ich will jetzt Musikerin werden», sondern ich schaffe es im Gegenteil bis heute nicht, nur einen Beruf auszuüben.

Das macht das Leben nicht einfacher …
Ich brauchte schon ein Weilchen, bis ich mich damit anfreunden konnte. Früher hätte ich tatsächlich gesagt: Ich schaffe es einfach nicht, mich zu entscheiden. Heute sage ich: Meine Stärke ist genau das, dass sich bei mir verschiedene Fähigkeiten und Interessen zu einem Puzzle zusammenfügen.

Sie sind dann als Schauspielerin – neben vielem anderen – in die Fussstapfen ihrer Grossmutter, Anne-Marie Blanc, getreten und haben Ihr familiäres Erbe schliesslich doch noch angetreten.
Dieses Erbe kann man ja nicht im Ernst ablehnen. Und durch die Jahre in Deutschland, wo mein Name nichts bedeutete, war es leichter zu lernen, es bewusst anzunehmen und weiterzuentwickeln. Also nicht damit herumzuprassen oder mich darauf auszuruhen, sondern etwas ganz Eigenes daraus zu machen, etwas, das zu mir passt. Ich habe mir mittlerweile meinen eigenen Weg durch dieses Kunstzeugs gebahnt und mein eigenes Plätzchen erobert. Auch wenn sich dieser Weg vielleicht etwas langfädiger gestaltet hat als bei jenen, die das, was ihnen ihr Elternhaus mitgegeben hat, voll ablehnen oder voll mitmachen.

Jetzt tritt bereits auch Ihre Tochter dieses künstlerische Erbe an. Anouk ist noch keine zehn Jahre alt und spielte schon in einer Folge des «Tatorts» …
… und es ist noch nicht mal ihre erste Rolle. Sie spielte auch im Kinofilm «Über-Ich und du» mit. Es ist schön, ihr dabei zuzusehen und zu spüren, wie frei sie sich bei den Dreharbeiten bewegt, wie selbstverständlich das alles für sie ist. Diese Gabe kann man niemandem anerziehen. Auch wenn Anouk die Welt der Bühne und des Films von klein auf miterlebt hat, weil ich sie überallhin mitgenommen habe, könnte das leicht ganz anders sein. Sie könnte diese Welt ja auch total ablehnen, diese ewigen Wiederholungen, das Warten zwischen den Szenen …

War das bei Ihnen nicht ähnlich, als Sie klein waren? Auf der Bühne zu stehen, war in Ihrer Familie doch quasi an der Tagesordnung.
Ja, letztlich macht man in einer Künstlerfamilie wohl viel weniger Aufhebens um solche Sachen. Da wurde man mit trockenen Sprüchen rasch wieder auf den Boden geholt. «Andere arbeiten im Bergwerk», hiess es dann.

Das bewahrt einen trotzdem nicht vor Lampenfieber und dem Anspruch, sein Bestes zu geben. Wenn ich etwas nicht gut konnte, machte ich es früher extra schlecht. Es gab nur ein Entweder-oder. Am schwierigsten war es für mich immer, in etwas einfach nur Mittelmass zu sein.

Mona Petri (36) spricht neben Schweizerdeutsch und Deutsch auch Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch und Spanisch. 2003 wurde sie an der Berlinale als Schweizer «Shootingstar» ausgezeichnet. Neben ihrer Arbeit als Theater- und Filmschauspielerin übersetzte sie unter anderem Theaterstücke vom Französischen ins Deutsche, schrieb das Libretto zur Kammeroper «Forelle Stanley» und war Dramaturgin beim Theater Marie.