Kommentar: Die WOZ wusste es

Nr. 20 –

Nach der Besetzung der polnischen Botschaft 1982 kopierte der Bund heimlich Geheimpapiere.

Aus WOZ Nr. 8 / 83 vom 25. Februar 1983.

Am 6. September 1982 besetzten vier Männer die polnische Botschaft in Bern. Drei Tage später stürmte eine Sondereinheit der Polizei die Botschaft und verhaftete die Besetzer. Inzwischen sind dreissig Jahre vergangen, womit die Akten der Botschaftsbesetzung frei zugänglich wurden. Die «SonntagsZeitung» hat sie ausgewertet und die Geschichte der Besetzung nachgezeichnet. Dabei bestätigt sich, was die WOZ in groben Zügen bereits im Februar 1983 enthüllt hat: Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) narrte die Öffentlichkeit und behändigte illegal Geheimdokumente.

Der Anführer der Besetzer nannte sich «Oberst Wysocki», hiess aber eigentlich Florian Kruszyk. Er stellte die Besetzung als politischen Akt gegen die kommunistische polnische Regierung dar. Als er im Februar 1983 aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, gelang es dem damaligen WOZ-Redaktor Urs Frieden, Kruszyk zu interviewen. Dieser erzählte, er habe in der Botschaft «zwanzig bis dreissig Aktenordner mit Geheimdokumenten des Militärattachés» gefunden. Darin habe er brisante Angaben über das polnische Agentennetz in der Schweiz samt Namenslisten und Buchhaltung vorgefunden. Er habe dieses Material gegen drei Millionen Schweizer Franken und freies Geleit mit einem Flugzeug eintauschen wollen.

Davon erfuhr die Öffentlichkeit nichts. Die Bundesbehörden stellten die Besetzer nämlich als Kriminelle dar, die lediglich auf Geld aus waren.

Kruszyk sagte jedoch der WOZ, als die Besetzer bei der Räumungsaktion aus dem Botschaftsgebäude abgeführt wurden, hätten «Grenadiere gleichzeitig die heissen Aktenordner an sich genommen und blitzartig abtransportiert». Das EJPD liess gegenüber der WOZ damals lediglich verlauten: «Kein Kommentar.»

Kruszyk glaubte, die Akten befänden sich Anfang 1983 noch im Besitz der Bundesbehörden. In diesem Punkt irrte er. Das EJPD liess die zwanzig bis dreissig Ordner zwar abtransportieren, dann aber eiligst kopieren und sofort wieder ins Botschaftsgebäude zurückbringen, wie Benno Schneider heute bestätigt. Schneider war zu jener Zeit Generalsekretär von Bundesrat Kurt Furgler. Das EJPD wusste, dass das Vorgehen völkerrechtswidrig war.

Hörenswert sind übrigens die Gespräche, die Furgler mit den Besetzern führte. Er bringt grösstes Verständnis für Kruszyks antikommunistisches Anliegen auf und spricht mit ihm wie mit einem ebenbürtigen Staatsmann (http://soz.li/CQ3F).