Spanien/Baskenland: Spiel mit dem Feuer

Nr. 40 –

Es war eine Aktion wie zu vergangen geglaubten Zeiten: Am letzten Montag stürmte die paramilitärische Guardia Civil in fünf baskischen Städten die Büros der Gefangenenhilfsorganisation Herrira («Heimkehr»), beschlagnahmte Material, blockierte Bankkonten, sperrte Websites und verhaftete achtzehn Mitglieder. Herrira, die sich um die rund 600 in ganz Spanien inhaftierten mutmasslichen Eta-Mitglieder kümmert, sei eine Nachfolgeorganisation verbotener Organisationen, lautete die Begründung.

Dieses Vorgehen ist altbekannt: Wann immer sich in den letzten Jahrzehnten Gruppierungen für die baskische Unabhängigkeit aussprachen, wurden sie von den spanischen Behörden dem Umfeld der separatistischen Untergrundorganisation Eta zugerechnet. So liess die spanische Justiz über dreissig Jahre hinweg zahlreiche soziale Verbände, Initiativen, Parteien, Radiosender und Zeitungen verbieten und viele AktivistInnen verhaften – immer unter dem Vorwurf der «Unterstützung» von oder «Mitgliedschaft» in einer bewaffneten Bande. Meist stellte sich dann Jahre später vor Gericht heraus, dass die Vorwürfe unhaltbar waren.

Warum aber diese neuerliche Aktion? Vor zwei Jahren hatte die Eta den bewaffneten Kampf für beendet erklärt – und bisher deutete vieles darauf hin, dass die militanten SeparatistInnen zum Jahresende ihre Waffen abgeben und die Organisation auflösen wollten. Wieso gefährdet Madrid nun den Friedensprozess? Zwei Erklärungen bieten sich an. Entweder ist der Überfall auf Herrira ein gross angelegtes Ablenkungsmanöver der rechtskonservativen Regierung, die eben ihren höchst umstrittenen Haushaltsentwurf für 2014 präsentierte (er sieht erneut drastische Einsparungen vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen vor). Oder die Massnahme zielt noch weiter. Friedlich agierende zivilgesellschaftliche Gruppen zu verbieten und deren AktivistInnen zu verhaften, ist nichts anderes als der Versuch, den Friedensprozess insgesamt zu torpedieren. Tatsächlich profitierten noch alle spanischen Regierungen seit 1977 von der «baskischen Bedrohung». Und in Krisenzeiten wie diesen umso mehr.