Corin Curschellas: Gesang für Kapelle

Nr. 3 –

Alfons Maissen (1905–2003) war Seminarlehrer, Volks- und Sprachkundler und Museumsgründer in der Surselva. Er sammelte mit dem Tonband 1500 rätoromanische Volkslieder von der Surselva bis ins Unterengadin ein; die wenigsten waren notiert, Sängerinnen und Sänger, die noch im 19. Jahrhundert geboren worden waren, sangen sie zwischen 1930 und 1960 auf Maissens Aufnahmegerät.

Der Musikethnologe Iso Albin hat diesen Schatz so aufbereitet, dass er nun nützlich in der Schweizer Nationalphonothek gebraucht werden kann. Corin Curschellas, Sängerin und Schauspielerin, ebenfalls aus der Surselva, kennt einige dieser Lieder seit ihrer Kindheit. Sie hat aus Alfons Maissens Sammlung 21 Stücke gehoben und die oft einstimmig gesetzten Lieder mit der Kapelle Pflanzblätz (Thomas Aeschbacher, Jürg Nietlisbach und Simon Dettwiler) und dem Geiger Andy Gabriel arrangiert. Im ersten Lied gilt noch die Tradition. Dreistimmig singen drei Frauen a cappella «Roda Mulin», die Ballade eines Mühlrads – die Musik der Alpen ist in erster Linie Chorgesang. Wie schön er selbst ab CD unter die Haut geht! Dann führen die Arrangeure ihre Handwerksstückli vor.

Die Transformationen sind auf Curschellas Jazzstimme zugeschnitten – Geige, Schwyzerörgeli, Bass und Gitarre tänzeln artig um die Sängerin. Die oft auf einem Dreiklang aufgebauten Harmonien der alten Lieder erlauben ihnen weite Ausflüge. Das beste Stück der CD, «Origins», ist das Lied über die Heilige Margrit. Im «Canzun da Sontga Margriata» breitet Curschellas ihr Können aus, wenn sie ihre melancholisch gefärbte Solostimme mit dem ergreifenden Klagelied verwebt und dann in eine federnd-lüpfige Tanzweise überleitet, unterlegt und überflügelt von ihren drei Musikern.

Und man hört da auch, wie das Romanische sich ans Deutsche lehnt, wenn es ans Eingemachte geht: «Pietigott» heisst der die Welt rettende Wunsch.

Corin Curschellas: Origins. R-Tunes