Kommentar: Sozialhilfe: Missbrauchsfall Politik
Die PolitpöblerInnen haben es wieder einmal geschafft: Runter mit den Sozialhilfeansätzen, weniger Steuergelder für faule Leute! Eine neue Missbrauchsdebatte fegt durchs Land. Die Sozialhilfekosten haben sich binnen eines Jahrzehnts auf 2,4 Milliarden Franken pro Jahr verdoppelt. Na und? Kann das ausgerechnet die PolitikerInnen überraschen, die die Voraussetzungen dafür geschaffen haben? Zu debattieren wäre also über den Missbrauchsfall Politik. Wenn schon. Über die Sozialhilfeausgaben für UnternehmerInnen und solche, die sich dafür halten.
Was die Schweiz Jahr für Jahr für Sozialhilfeleistungen ausgibt, wollen Bund und bürgerliche Parteien mit der dritten Unternehmenssteuerreform an die Unternehmen verschenken. Wo die Allgemeinheit dabei bleibt, also die Mehrheit im Land, ist ihnen wurst. Sie, zuvorderst die SVP, betreiben lieber missbräuchliche Steuerpolitik für die wohlstandsverwahrloste Minderheit, die billige Arbeitskräfte, Steuergeschenke und die schönsten Wohnlagen mittlerweile für ihr verbrieftes Recht zu halten scheint.
Genau in diesem pauschalisierenden Ton, der hier angeschlagen wird, führen PolitikerInnen bis in die politische Mitte hinein diese «Missbrauchsdebatten». Gegen Schwächere, die keine wirkliche Lobby haben. Die effektiven missbräuchlich bezogenen Sozialhilfegelder gefährden das bestehende Sozialsystem nicht. Sie stehen in keinem Verhältnis zum Repressionsapparat, der inzwischen errichtet wurde und tief in die Grundrechte der Betroffenen eingreift (vgl. «Wenn selbst ExpertInnen keine Antworten haben »). Die tieferen Ursachen für die steigenden Kosten liegen jedenfalls nicht bei denen, die Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen oder Invalidenrenten beziehen. Doch darüber spricht die Mehrheit der PolitikerInnen nicht. Sie müssten gegen ihre verhätschelte Klientel aus der UnternehmerInnengilde das Wort erheben. Lieber kürzen sie auf Kosten der Schwächeren Leistungen. Die Folgekosten dieser Politik tragen andere. In diesem Fall die Sozialhilfe. Führen wir eine Debatte – über den Missbrauchsfall Politik.