Wichtig zu wissen: Die verburkte Schweiz

Nr. 40 –

Eine Trunkenheitsfahrt durch die zweite Gotthardröhre.

Es gibt einen Witz, in dem ein Betrunkener sich um eine Litfasssäule tastet und nach erfolgter Umrundung ruft: «Hilfe, ich bin eingemauert!»

«Innen» und «aussen» sind seit jeher die grossen Schweizer Themen. «Schwarz» und «weiss» auch.

Ich habe mir den Youtube-Film aus der IS-Hauptstadt Rakka angesehen, den eine Syrerin unter ihrer Burka hervor gedreht hat. Darin wird sie von der Religionspolizei aus dem Religionspolizeiauto heraus gerügt, weil man angeblich ihr Gesicht sehe.

Die Schweiz gilt als burkafeindlich, doch das Prinzip des sackartigen Kleidungsstücks ist ihr wohlvertraut, es ist sogar ihr Lebenselixier. Was man nicht sehen darf, verschwindet hinter einem Vorhang des Schweigens. Im Schutz der Dunkelheit läuft unsere Wirtschaftspolitik. Die Ammann-Baumaschinenfirma hat verdeckt Millionen von Steuern nicht bezahlt, die ihr das kantonale Steueramt Bern auch nicht verrechnet hat. Die beiden stecken zusammen unter einer Steuerburka.

Was uns an den Burkafrauen nicht passt: Hier wird auffallend gezeigt, dass etwas nicht gezeigt wird. Die ideale Schweizer Burka hingegen muss den Blick auf das Geschehen unter ihr verdecken und darf zugleich selber nicht sichtbar sein. Das schaffen nur wir. Darin sind wir WeltmeisterInnen. Die Schweiz ist völlig verburkt. Das Eindringen der Mafia in die Schweiz gelingt auch deshalb nicht recht, weil schon alles so mafiös und mafiesk ist, dass es kaum noch was zu mäffeln gibt. Die Mafia scheitert an den Kartellen der Schweiz. Ein freier Mafiamarkt ist unter der Alpenburka nicht möglich. Das ist Sache der Einheimischen.

Das Parlament spricht sich für eine zweite Gotthardröhre aus. Bei der Vergesslichkeit, die heute in politischen Belangen herrscht, ist es nicht erstaunlich, dass nicht von der vierten Röhre gesprochen wird. Denn am Gotthard gibt es heute schon drei Tunnels. 

Den europäischen Transitverkehr soll man nicht sehen, weil es ihn offiziell gar nicht geben darf. Das Volk hat schliesslich eine Schweiz bestellt, die rein von äusseren Einflüssen ist. Rein, wie die Schweiz es war, bevor AusländerInnen kamen. Also in der guten alten Zeit der Vulkane, Riesenfarne und Dinosaurier.

In diese Zeit fällt die Entstehung der grössten Burka der Schweiz. Sie erstreckt sich vom Kanton Waadt bis ans östlichste Ende des Kantons Graubünden. Damit man nicht merkt, dass es sich um eine Burka handelt, hat sie Allah aus Stein gemeisselt statt aus Stoff genäht. Sie verschleiert sämtliche Bunkeranlagen der Schweizer Armee und schützt sie vor fremden Blicken. Und eben auch unsere Tunnels, die wir vor allem (pst, nicht weitersagen) für die EU bauen.

Wenn man in Airolo in die Gotthardburka hineinfährt, wird es dunkel (das gilt auch für die Furkaburka). Nach einer Weile sieht man einen Lichtschimmer. Das ist der Sichtschlitz in Göschenen. Doch ehe man wieder im Hellen ist, wird man von einem Religionspolizeiauto verfolgt und sofort wieder in den Tunnel zurückgeschickt. Und, weil wir in der Schweiz Gleichberechtigung haben, nicht nur die Autofahrerin, sondern auch der Autofahrer.

Ruedi Widmer ist verdeckter Karikaturist und in Winterthur eingemauert.