Jean-Claude Duvalier (1951–2014): Haitis gieriger Autokrat

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Der Baby Doc genannte Diktator Haitis hatte den Repressionsapparat seines Vaters übernommen und sich selbst mehr aufs Geldausgeben konzentriert.

Der ehemalige Diktator starb einen friedlichen Tod. Jean-Claude Duvalier, bekannt unter dem Spitznamen Baby Doc, war nicht nur Herr eines blutrünstigen Regimes, er war auch einer der raffgierigsten Autokraten. Je nach Schätzung soll er zwischen 360 und 960 Millionen US-Dollar aus der Staatskasse des bitterarmen Haiti gestohlen haben. Am 4. Oktober 2014 ist er in Port-au-Prince 63-jährig einem Herzinfarkt erlegen.

Duvalier erbte den Job des Diktators von seinem Vater François, genannt Papa Doc. Der hatte Haiti von 1957 bis zu seinem Tod 1971 mit eiserner Faust und der Hilfe der von ihm aufgebauten Todesschwadronen, der Tontons Macoutes, regiert. Baby Doc war gerade neunzehn Jahre alt, als er «Präsident auf Lebenszeit» wurde. Er galt als Playboy, der mehr an schönen Frauen und schnellen Autos interessiert war als am Regieren. Den Repressionsapparat des Vaters haben die Sicherheitskräfte übernommen. Er liess sie gewähren und konzentrierte sich aufs Geldausgeben. Weit über tausend Oppositionelle wurden in seiner Regierungszeit ermordet.

Sweatshops ins Land geholt

Allenfalls für Wirtschaftspolitik interessierte sich Duvalier junior. Er holte die ersten Sweatshops der internationalen Textilkonzerne ins Land. Die Aussicht auf einen Arbeitsplatz löste seinerzeit eine Landflucht aus, die ohnehin prekäre Landwirtschaft Haitis blutete vollends aus. Das Land ist bis heute von Lebensmittelimporten abhängig. Auch nichtstaatlichen Organisationen öffnete Baby Doc Tür und Tor. Diese erledigen und finanzieren seither Aufgaben, die eigentlich Sache des Staats sind. Aber der wurde ja vom Staatschef ausgeweidet.

Mitte der achtziger Jahre nahmen die Proteste der Bevölkerung gegen ihn immer weiter zu, die USA distanzierten sich von Duvalier, und auch die Armee rückte von ihm ab. Baby Doc blieb 1986 keine andere Wahl als das Exil. Er ging nach Frankreich und lebte dort in Saus und Braus, bis das Geld knapp wurde.

Nicht gedarbt

Am 16. Januar 2011 kehrte er nach Haiti zurück. Sein Plan: Er wollte ein paar Tage durch die Trümmer des von einem Erdbeben zerstörten Port-au-Prince spazieren und dann unbehelligt zurückkehren nach Paris. Damit hätte er den Schweizer Behörden beweisen können, dass in Haiti nichts gegen ihn vorliegt. Denn auf seinen Schweizer Bankkonten waren rund sieben Millionen US-Dollar eingefroren. An dieses Geld wollte Duvalier herankommen. Gemäss der nach ihm benannten Lex Duvalier drohte die Summe nach Haiti zurücktransferiert zu werden, weil sie dem Land gestohlen worden war.

Er hatte sich verrechnet. Er wurde festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Gedarbt aber hat er nicht. Oft wurde er in den besten Restaurants der Hauptstadt gesehen, der 2011 gewählte Präsident Michel Martelly lud ihn gar zu offiziellen Empfängen ein. Am Samstag äusserte Martelly «grosse Trauer» über Duvaliers Tod und kondolierte den Angehörigen «im Namen der Regierung und des haitianischen Volks».

Das Volk auf den Strassen von Port-au-Prince dagegen reagiert auf den Tod eher mit Schulterzucken und allenfalls mit dem lapidaren Satz: «Haiti hat nun ein Problem weniger.» Seinen nicht unerheblichen Anteil der Schuld an diesen Problemen nimmt Jean-Claude Duvalier mit ins Grab.