Die Wunsch-WOZ-Werbefilme : Ist er doof, der Fee?

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«Die Absicht ist klar: Er soll ein bisschen doof wirken», schreibt Leserin Franziska Staubli über die männliche Fee in den Werbevideos zur Wunsch-WOZ (siehe LeserInnenbrief in im Anschluss an diesen Text).

Nein, das war wirklich nicht unsere Absicht. Und viele, die das Video gesehen haben, empfinden es auch überhaupt nicht so. Die Frage ist trotzdem spannend: Warum ziehen Männer Frauenkleider an? Und unter welchen Umständen wirkt das abwertend oder sexistisch?

Männer in Frauenkleidern gab und gibt es in verschiedenen Zusammenhängen. Travestiekünstler und Dragqueens haben eine lange Tradition. Der Geschlechtsrollenwechsel kommt auch im «seriösen» Theater vor – und, in plumper Form, an der Fasnacht und an Abendunterhaltungen von Turnvereinen.

Die Frauenbewegung in den Jahren nach 1968 kritisierte Dragqueenshows heftig. Sie seien «eine zynische Verhöhnung von Frauen», schrieb die US-Feministin Marilyn Frye. Die queerfeministische Bewegung seit den neunziger Jahren sieht Drag hingegen positiv – neben Dragqueens standen immer öfter auch Dragkings auf der Bühne.

Doch die Frage bleibt: Untergräbt Drag die uralte Geschlechterhierarchie – die Männlichkeit als stärker, souveräner und rationaler bewertet als Weiblichkeit –, oder festigt Drag im Gegenteil die Klischees?

Der Kanadier Kevin D. Nixon hat für seine Masterarbeit Dragqueens nach ihren Vorstellungen von Weiblichkeit befragt. Er stellte fest, dass diese «homogen, sehr stereotyp und in einigen Fällen leicht frauenfeindlich» waren. Und er beobachtete mehrmals Dragqueenshows, in denen Frauen lächerlich gemacht und auf ihre Körperteile reduziert wurden.

Ein wichtiger Punkt ist sicher, wie DragperformerInnen mit ihren Körpern umgehen. Darauf angesprochen, sagte die Berliner Performerin Viola vor ein paar Jahren gegenüber der WOZ: «Es gibt Tuntenperformances, die ich echt widerlich finde. Weil diese Tunten einen unmöglichen Umgang mit weiblichen Körperteilen haben. Es gibt in Berlin eine, die sich andauernd an die Brüste greift und damit rumwackelt. Sehr klischeehaft.»

«Eine Dragqueen braucht Kleider, die klar als Frauenkleider identifizierbar sind», gibt die ehemalige Zürcher «Trashtunte» Pepp Suzette zu bedenken, «sie kommt also nicht um Zuschreibungen von Geschlechterrollen herum. Das ist immer heikel.» Und es ist ein Grund, warum Pepp Suzette nicht mehr auftritt: «Ich merkte, dass es fast unmöglich ist, die Frauenbilder darzustellen, die ich lässig finde.» Denn wenn sie als Frau daherkam, die nicht den Weiblichkeitsklischees entsprach, war sie gar nicht mehr als Tunte erkennbar.

Zurück zu den WOZ-Videos: Die Idee der Fee kam von der Werbeagentur. Bei einer Diskussion im WOZ-Büro kamen wir schnell zum Konsens: Die Fee muss männlich sein. Ich glaube immer noch, dass das die richtige Entscheidung war: Eine weibliche Fee wäre einfach nur ein simples, ungebrochenes Klischee. Ein Mann als Fee, das enthält ein Element der Irritation. Mir gefällt an der Performance des Fees, dass er nicht versucht, mit der Stimme, der Gestik oder dem Verhalten Weiblichkeitsklischees zu erfüllen. Er ist ein Mann, der ein Kleid trägt, als wäre das völlig selbstverständlich.

Der Fee, Schauspieler Matthias Flückiger, meint dazu: «Ich habe mich als Fee nicht doof gefühlt und wurde auch nie aufgefordert, die Figur doof darzustellen und also zu denunzieren. Wäre das geschehen, müsste ich Franziska Staubli recht geben.»

* Wunsch von 
Franziska Staubli: «Warum wirkt der 
WOZ-Werbefee 
so doof?»