Wichtig zu wissen: Haifressender Bundesrat

Nr. 23 –

Susi Stühlinger über die Sommersession in Bern

In Bundesbern war wieder Sommersession. Einmal mehr würden in den eidgenössischen Räten gewichtige Geschäfte beraten werden. Etwa die Motion von Nationalrätin Yvette Estermann (SVP), die verlangte, das Bundeshaus zwecks Hervorhebung seiner Bedeutung für unsere Demokratie ganzjährig mit Schweizer Fahnen zu beflaggen, zumal Touristen das Gebäude oft für eine Kirche hielten. Der Bundesrat hielt die Idee für realisierbar, und zwar im Sinn einer zweistufigen Beflaggungsstrategie mit permanenter Beflaggung der südlichen Kuppeln des Parlamentsgebäudes sowie – wie bisher – der Beflaggung über dem Portal während der Sessionen. Ob dies als Signal des Bundesrats zu werten sei, der Demokratie künftig auch bei der Umsetzung ihrer Initiativen mehr Rechnung zu tragen, soll innerhalb der Volkspartei allerdings umstritten sein.

Weniger kooperativ zeigte sich die Landesexekutive bei anderen SVP-Anliegen. Ständerat Oskar Freysinger hatte in einer Motion gefordert, dieser der «menschlichen Zivilisation unwürdigen» Praxis an unseren Grenzen Einhalt zu gebieten, die das «elendigliche Verenden» auf See nur beförderte: Der Import von Haifischflossen sollte schleunigst verboten werden. Der haifischflossensuppenfressende Bundesrat hatte auf der Nebensächlichkeit herumgeritten, dass es gar keine solche Haiflossenimporte gebe, und beantragte Ablehnung.

Dann standen auch noch ein paar weniger umstrittene Sachen auf den Traktandenlisten der Räte, zum Beispiel die Asylreform oder die Gesetze über den Nachrichtendienst sowie die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. Letztere durchzuwinken, war umso wichtiger, als soeben bekannt geworden war, dass der amerikanische Kongress der NSA das Sammeln von Daten vorläufig verboten hatte. Da die USA diese Dienstleistung somit auch nicht mehr für Swisscom-Leitungen erbringen konnten, musste die Schweiz rasch handeln und dies ab sofort selbst übernehmen.

Weiter musste in der anstehenden Session das Armeebudget dringend erhöht werden. Auch in diesen Belangen spielten die jüngsten Vorkommnisse in den USA eine Rolle. Die kontinuierliche Senkung des US-Armeebudgets hatte dazu geführt, dass die interne Aufgabenbewältigung alles andere als reibungslos verlief, sodass das Militär gar lebende Anthrax-Erreger durchs Land schickte. Dass sich nun ein solcher Vorfall mutmasslicherweise auch schon hierzulande ereignete – der Basler Regierungspräsident Guy Morin hatte soeben ein Couvert mit einer verdächtigen Substanz zugeschickt bekommen –, war äusserst besorgniserregend.

Ein weiterer Pflock würde bei der Korruption eingeschlagen werden müssen. Da schoss der Bundesrat nämlich arg übers Ziel hinaus, wenn er die Bestechung von Privaten auch in leichten Fällen von Amtes wegen verfolgen lassen wollte. Gerade die jüngsten Vorfälle hatten gezeigt, dass insbesondere Schweizer Persönlichkeiten – im Gegensatz zu anderen – gegenüber Bestechungsversuchen durchwegs immun waren. Eine verschärfte Regelung war also unnötig, befand die ständerätliche Rechtskommission.

Susi Stühlinger erhält viel seltsame Post, aber ein verdächtiges Pulver war noch nie dabei.