Kommentar zum Medien-Werbeverbund: Unwürdige Allianz
Der Werbeverbund von Swisscom, SRG und Ringier ist ein Fehler und gibt den GegnerInnen des Service public Aufwind.
Seit zwei Jahrzehnten brechen den traditionellen Medienunternehmen die Werbeeinnahmen weg. Sie fliessen in zunehmendem Mass global operierenden Internetkonzernen zu. Bisher endete jeder Versuch, diesen Prozess aufzuhalten oder gar zu durchbrechen, in der Sackgasse. Nun nimmt in der Schweiz ein neuer und bedenklicher Versuch Fahrt auf: Letzte Woche hat die eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) die geplante gemeinsame Vermarktungsfirma von Swisscom, der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und dem «Blick»-Verlag Ringier ohne Auflagen genehmigt.
Der Weko-Entscheid sorgte bei den drei beteiligten Akteuren natürlich für Jubel: Die Werbeallianz wird ihnen künftig erlauben, TV-, Online-, Print- und Radiowerbung möglichst zielgruppenspezifisch auf allen verfügbaren Kanälen zu vermarkten. Bereits im August, als die Allianz publik wurde, inszenierten sich Swisscom, SRG und Ringier in der Öffentlichkeit als nationales Bollwerk gegen die scheinbar übermächtigen US-Giganten wie Facebook oder Google, die aggressiv auf den Schweizer Werbemarkt mit seinem Jahresumsatz von knapp 4,2 Milliarden Franken drängen würden. Wie hoch die hierzulande erwirtschafteten Werbeeinnahmen der Internetkonzerne sind, halten diese allerdings geheim. Bekannt ist hingegen das Umsatzvolumen der geplanten Werbeallianz: Es wird bei rund 600 Millionen Franken liegen. Zum Vergleich: Die Goldbach Group, die im Schweizer TV-Werbemarkt führend ist, erwirtschaftet einen Umsatz von 464 Millionen Franken.
Tatsächlich dürfte die gemeinsame Vermarktungsfirma von Swisscom, SRG und Ringier weniger die US-Internetkonzerne konkurrieren als vielmehr die einheimischen Marktakteure, also Zeitungsverlage, Telekommunikationsanbieter oder Medienvermarkter wie eben die Goldbach Group. Entsprechend verärgert reagiert diese Konkurrenz auf den Weko-Entscheid: «Die schiere Grösse (…) führt zu Wettbewerbsverzerrung», liess etwa Axel Wüstmann, Geschäftsführer der AZ Medien, nach dem Weko-Entscheid verlauten. Was viele VerlegerInnen besonders ärgert, ist der Alleingang von Ringier mit den beiden staatsnahen Betrieben Swisscom und SRG; der Ärger führte im Sommer prompt zum Austritt des Boulevardmedienhauses aus dem VerlegerInnenverband.
Auffallend ruhig hat sich bisher die Politik zur geplanten Werbeallianz verhalten. Insbesondere die Linke tut sich einmal mehr schwer damit, die Rolle der beiden «Staatsbetriebe» Swisscom und SRG kritisch zu hinterfragen. Die Swisscom, die zu 51 Prozent dem Bund gehört, ist die mit Abstand grösste Datensammlerin des Landes: Sie bedient 1,3 Millionen Haushalte mit TV- und Internetanschlüssen, hinzu kommen über 6,5 Millionen Mobilfunkanschlüsse. Ausserdem betreibt die Swisscom das grösste und modernste Datencenter der Schweiz, wo grosse Firmen ebenso wie KMU ihre Daten lagern und verwalten lassen. «Die von einem Staatsunternehmen (…) gesammelten Daten werden nun – ohne Auflagen – einem kommerziellen Zweck zugeführt, ohne dass die Allgemeinheit partizipiert», schrieb das Medienportal «Klein Report» nach dem Weko-Entscheid. Das sei «nahe an der Realsatire». Ein werbetechnischer Zusammenschluss von zwei staatsnahen und marktbestimmenden Unternehmen mit einem privaten Medienhaus – ohne Mitbestimmung des Parlaments, ohne öffentliche Debatte über Datenschutz und mögliche Risiken für die Medienvielfalt: Das ist in der Tat stossend und einer Demokratie nicht würdig.
Für die SRG könnte sich die Beteiligung bald als Handicap erweisen. Im nächsten Jahr wird, angestossen vom Bundesrat, eine breite politische Debatte über den Service public stattfinden. Die SRG steht dabei unter massivem Druck von rechts. Vor diesem Hintergrund eine gerade in VerlegerInnenkreisen umstrittene Werbeallianz einzugehen, die keinerlei Service-public-Charakter aufweist, ist nicht besonders klug.
Vorläufig kann die Werbeallianz allerdings noch nicht loslegen. Während die Weko den Zusammenschluss aus kartellrechtlicher Sicht soeben genehmigt hat, wird die rundfunkrechtliche Überprüfung des Bundesamts für Kultur in Bezug auf die SRG-Beteiligung noch bis im Frühjahr dauern.