Kuba und die USA: Den Missionseifer vergessen

Nr. 11 –

Präsident Barack Obama besucht die sozialistische Insel, will aber Fidel Castro nicht sehen. So normal sind die Beziehungen eben doch noch nicht.

Ein Treffen mit Fidel Castro solle unter allen Umständen vermieden werden, berichtet die «New York Times» aus dem Weissen Haus. Ein Foto von Barack Obama mit dem Mann, der fünfzig Jahre lang eine Nemesis der USA war, komme gar nicht gut an. Die Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur hacken ohnehin schon auf Obama herum, seit der angekündigt hat, er werde Anfang kommender Woche Havanna besuchen.

«Anstatt hinzureisen, sollte sich der Präsident für ein freies Kuba einsetzen», mäkelte Ted Cruz. Und Marco Rubio stellte apodiktisch fest: «Die kubanische Regierung ist so repressiv wie eh und je.» Obama konterte: «Je mehr die Kubaner die Vorteile von US-Investitionen sehen, je mehr Dollars von US-Touristen in die Wirtschaft fliessen, je offener die Telekommunikation wird und je mehr die Kubaner Zugang zu Informationen ohne Zensur haben, desto mehr legen wir das Fundament für einen grundlegenden Wandel, der mit der Zeit auch kommen wird.» Mit anderen Worten: Obama teilt das Ziel der republikanischen Scharfmacher – «regime change». Er hat nur eingesehen, dass die althergebrachten Mittel der Aggression, der verdeckten Operationen und des Wirtschaftskriegs dieses Ziel nicht nähergebracht haben. Also setzt er auf eine andere Strategie.

Sport als gemeinsame Leidenschaft

US-Medien vergleichen den Besuch bereits mit dem von Richard Nixon 1972 in Beijing. Auch damals versuchte ein US-Präsident, einen Feind zu umarmen und ihn so angeblich für mehr Demokratie zu begeistern. Herausgekommen sind ein ungezügelter Kapitalismus in einem Einparteiensystem und ein US-Handelsdefizit gegenüber China von 365 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015. Von Demokratie keine Spur.

Trotzdem ist Obamas Reise nach Kuba historisch – schon allein deshalb, weil die letzte Visite eines amtierenden US-Präsidenten im Jahr 1928 stattgefunden hat. Damals kam der Republikaner Calvin Coolidge im Kriegsschiff, Kuba war faktisch ein Protektorat der Vereinigten Staaten. Obama zeigt da ein freundlicheres Gesicht. Er hat dem Kongress in Washington einen Plan unterbreitet, um das Folterlager für des Terrorismus verdächtigte Islamisten im besetzten Guantánamo am Ostende Kubas zu schliessen – eine rein symbolische Geste. Der Präsident weiss, dass der Kongress diesen Plan ablehnen wird. Am Erscheinungstag dieser WOZ will Obama ein paar weitere Handels- und Reiseerleichterungen ankündigen, und in Havanna will er einem Baseballspiel des US-Profiteams Tampa Bay Rays gegen eine kubanische Auswahl beiwohnen. Der Sport ist eine gemeinsame Leidenschaft der Präsidenten und der Bevölkerung beider Staaten.

Auch ein Treffen Obamas mit ausgewählten DissidentInnen soll es geben – trotz des Protests der kubanischen Regierung. Die USA sollten aufhören, sich in die inneren Angelegenheiten Kubas einzumischen, schrieb die kommunistische Parteizeitung «Granma» in einem Leitartikel. Gute Beziehungen zu haben, bedeute nicht, «dass wir uns von den Ideen verabschieden, an die wir glauben und die uns dorthin gebracht haben, wo wir heute sind: unserem Sozialismus, unserer Geschichte und unserer Kultur».

Lieber keine Schwitzbuden

Was die von Obama gepriesenen US-Dollars angeht, stellte Déborah Rivas, in der kubanischen Regierung zuständig für Auslandsinvestitionen, schon vorher klar: «Das Ziel ist nicht, unser Land zu verkaufen und alles zu tun, was irgendeinen ausländischen Investor interessieren könnte. Wir wollen nur diejenigen Investitionen, die zu unserer Politik passen.» Also keine Schwitzbuden der Textilindustrie mit Niedrigstlöhnen, wie sie auf anderen Karibikinseln zu finden sind. Auch keine Zentren der Computermontage mit himmelschreienden Arbeitsbedingungen, wie sie in China gang und gäbe sind. Kuba will Industrieprojekte, die der eigenen Entwicklung dienen. Gut acht Milliarden US-Dollar Auslandsinvestitionen sollen dafür in den nächsten Jahren auf die sozialistische Insel gelockt werden, vor allem in die zollfreie Produktionszone von Mariel im Westen des Landes. Die US-Regierung hat bislang nur einer Firma die Genehmigung erteilt, dort in eine Fabrik für Landmaschinen zwischen fünf und zehn Millionen Dollar zu investieren.

Symbolische Gesten waren schon immer Obamas Stärke. Jenseits davon backt er, was Kuba angeht, noch ziemlich kleine Brötchen. Das Wirtschaftsembargo hat ein paar Löcher bekommen, mehr aber auch nicht. Er muss schon Konkreteres liefern und vor allem seinen Missionseifer vergessen. Das, schreibt «Granma», sei der einzige Weg zu einer Normalisierung der Beziehungen: «Gegenseitiger Respekt, Gleichheit und die Anerkennung der Legitimität unserer Regierung.»