Konzernverantwortung: Der Fortschritt und der Zwang

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Schweizer Uhren sind die präzisesten, und Schweizer Schokolade ist die beste der Welt. Für manche ist das eine Tatsache. Dass die Schweiz eines der reichsten Länder der Welt ist, ist sicher eine Tatsache. Und dass der Reichtum des Nordens auf der Ausbeutung von Ressourcen und Arbeitskräften im Globalen Süden basiert, eine weitere. Was wäre Schweizer Schokolade ohne Kakao aus Lateinamerika oder Westafrika, auf deren Plantagen nicht selten Kinder arbeiten? In Schweizer Uhren wird Gold aus Burkina Faso oder der Demokratischen Republik Kongo verarbeitet, das unter prekären Bedingungen abgebaut wird. Während der Süden den Schaden hat, wird der Profit in der Schweiz eingestrichen. Der Zuger Rohstoffmulti Glencore erzielte 2014 einen Umsatz von 220 Milliarden US-Dollar, während das Bruttoinlandprodukt der Demokratischen Republik Kongo, wo Glencore zwei Tochterfirmen hat, knapp 39 Milliarden US-Dollar betrug.

Bisher können Schweizer Konzerne für Menschenrechtsverletzungen, die sie im Ausland verantworten, in der Schweiz nicht belangt werden. Das soll sich nun ändern. Wie das Komitee der vor einem Jahr lancierten Konzernverantwortungsinitiative bekannt gab, sind 140 000 Unterschriften zusammengekommen. Im Oktober wird die Initiative eingereicht. Sie verlangt, dass Schweizer Konzerne eine Sorgfaltsprüfung bezüglich Menschenrechten und Umweltschutz einführen. Wer sich nicht daran hält, soll auch für Schäden, die Tochterfirmen im Ausland verursachen, vor Gericht gestellt werden können.

Die Initiative orientiert sich an den Uno-Leitprinzipien für Umwelt und Wirtschaft. Auch der Bundesrat betonte in mehreren Berichten und Antworten auf parlamentarische Vorstösse die Wichtigkeit dieser Leitprinzipien. Er verlässt sich dabei aber ganz auf Freiwilligkeit. Dass dies nicht funktioniert, belegt nun eine Studie von «Brot für alle» und «Fastenopfer»: Gerade mal elf Prozent der 200 umsatzstärksten Schweizer Unternehmen bekennen sich zu den Uno-Leitprinzipien. Zwei Drittel haben gar keine Menschenrechts-Policy. Fazit der Studie: Es braucht verbindliche Vorschriften und Gesetze für alle. Oder um es mit den Worten des Uno-Sonderbeauftragten John Ruggie zu sagen: «Selbstdisziplin kann einiges bewerkstelligen. Anderes macht nur unter Zwang Fortschritte.»