Säbelrasseldiplomatie: Die Nato versucht sich mit billigen Taschenspielertricks
Bei ihrem Gipfel in Warschau hat die Nato am vergangenen Wochenende beschlossen, vier Bataillone mit insgesamt 4000 SoldatInnen ab 2017 dauerhaft in Polen und den drei baltischen Staaten zu stationieren. Das Militärbündnis setzt ein deutliches Signal zur Aufrüstung im Osten und damit zur hochriskanten Konfrontation mit Russland. Der Beschluss ist auch ein klarer Verstoss gegen den Geist und die Buchstaben der Nato-Russland-Grundakte von 1997. Darin war festgeschrieben worden, dass auf dem Territorium der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten keine Nato-Truppen dauerhaft stationiert werden.
Zwar leugnet die Nato den Verstoss mit dem Hinweis, dass die einzelnen SoldatInnen alle sechs Monate rotieren sollen. Soll heissen: Die vier Bataillone bleiben in der Stärke unverändert, sie sind die gleichen, aber nicht dieselben, weil die SoldatInnen wechseln. Doch das sind billige Taschenspielertricks. Auch Russland hatte sich bei der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim eines Tricks bedient: Im März 2014 hatte Wladimir Putin Armeeangehörige ohne Abzeichen auf die ukrainische Halbinsel geschickt – mit der Erklärung, sie würden dort Urlaub machen. Später gab der russische Präsident zu, dass er seine Soldaten ausgesandt hatte, um die Krim zu erobern.
Die Gipfelbeschlüsse sind umso törichter, als der im Frühsommer 2014 von den Nato-Mitgliedstaaten und der EU eingeschlagene Konfrontationskurs gegenüber Moskau gescheitert ist: Weder neue militärische Massnahmen und die Aussetzung des Nato-Russland-Rats noch die Suspendierung der russischen G8-Mitgliedschaft oder die von den USA und der EU verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Moskau haben die Regierung Putin zur Korrektur ihrer Ukrainepolitik bewegen können. Zudem war kaum zu erwarten, dass die gleichzeitig beteuerte «Offenheit zum Dialog» mit Moskau dort als seriös wahrgenommen würde.
Nicht nur ein ehrlicher Dialog, sondern auch konkrete Massnahmen zur Umkehr der gefährlichen Eskalation zwischen Russland und dem Westen wären erforderlich und sind weiterhin möglich: Der Verzicht der Nato auf die Aufnahmeoption für die Ukraine, Georgien, Moldawien und Montenegro könnte Moskau zum Ende der hybriden Kriegsführung in der Ostukraine bewegen. Ein Moratorium für die grenznahen Manöver beider Seiten zu Wasser, zu Lande und in der Luft würde zudem die wachsende Gefahr unbeabsichtigter militärischer Zusammenstösse minimieren.