Kulturpolitik: «Die Kritik versinkt im Eröffnungssekt»

Nr. 5 –

Eine Annahme der Unternehmenssteuerreform III bedeute für die Kultur ein Gemetzel, warnt der Künstler und Verleger Josef Felix Müller. Was ihn nicht davon abhält, die staatliche Kulturförderung zu hinterfragen.

Josef Felix Müller mit einer grundierten Leinwand: «Ich fand es immer sehr schwierig, im stillen Kämmerchen vor mich hin zu wursteln. Man muss doch raus mit der Sache!»

WOZ: Herr Müller, von den Kulturschaffenden hört man fast nichts zur Unternehmenssteuerreform III. Ihr Berufsverband Visarte protestierte im Oktober immerhin mit einem «Rückwärtsmarsch» auf dem Bundesplatz in Bern unter anderem gegen Sparmassnahmen in der Kultur. Was muss man sich unter einem solchen Marsch vorstellen?
Josef Felix Müller: Statt vorwärts liefen wir rückwärts, und auch die Transparente waren verkehrt herum beschriftet – als Zeichen, dass Sparen in der Kultur immer einen Rückschritt bedeutet. Als zweiter Redner nach dem Berner Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät kam ich an die Reihe. Ich hatte keine Lust, meine Rede von hinten nach vorne zu halten, wie das geplant war, sondern hielt eine ziemlich politische Ansprache. Die endlose Sparpolitik in der Bildung und der Kultur geht mir total auf die Nerven. Die Unternehmenssteuerreform III würde eine Katastrophe bedeuten, ein Gemetzel. Die grossen Ausfälle, die in den Kantonen folgen werden, sind bekannt. Wo wird man wieder sparen? Man sieht es derzeit in Luzern: in der Bildung, bei der Kultur.

Die Kulturausgaben sind in den letzten Jahren an vielen Orten gewachsen oder zumindest stabil geblieben. Sind Einschnitte nicht zu verkraften?
Sicher könnten einzelne Institutionen haushälterischer mit dem Geld umgehen. Es gibt viele aufgeblähte Apparate. Aber die Sparrunden gehen meist an den etablierten Häusern vorbei, und die Falschen werden bestraft. Die Institutionen, die Macht haben, setzen sich durch und damit auch das Etablierte in der Kultur, nicht das Kommende oder das Unbequeme. Das macht die Kunst noch stromlinienförmiger. Eine weitere Konsequenz wird viel zu wenig diskutiert. Dass Sparrunden immer eine Amerikanisierung, man könnte auch sagen Feudalisierung des Kulturbetriebs bedeuten.

Was meinen Sie damit?
Wenn der Staat pleite ist, werden Institutionen wie die Museen privat finanziert. In den USA unterstützen die reichen Sammlerinnen und Sammler die Museen – aber dies geschieht nicht als Wohltat, sondern zur Imagepflege, um die eigene Sammlung zu zeigen. Wenn die Kultur privat finanziert wird, findet keine kritische Öffentlichkeit mehr statt. Wer sagt dann, was Kunst ist? Es sind die mächtigen, geldstarken Sammler. Diese Entwicklung ist auch in der Schweiz angekommen, nehmen wir das Museum Oskar Reinhart in Winterthur. Es hatte wenig Eintritte generiert, die Stadt musste sparen. Da haben sie als grosse Show Christoph Blocher mit seiner Sammlung ins Museum reingelassen. Die Ausstellung war nichts anderes als eine brutale PR-Geschichte für einen Politiker.

Der Anlass zur Rückwärtsdemo in Bern war auch das Jubiläum der Visarte. Der Verband, den Sie präsidieren, wurde 150 Jahre alt. Was führte damals zur Gründung?
Gottfried Keller, der nicht nur Schriftsteller war, sondern auch Maler, verfasste 1866 ein Zirkularschreiben an alle wichtigen Künstler der Schweiz. Sie sollten sich treffen, um ihre Situation zu verbessern. Gefordert wurde der Einsitz der Künstler in der eidgenössischen Kunstkommission, der Staat sollte zudem mit der nationalen Kunstsammlung mehr Kunst kaufen und Aufträge für Kunst bei Bauten vergeben. Das Zirkular hatte zur Folge, dass die GSMB, die Gesellschaft der Schweizer Maler und Bildhauer, gegründet wurde. Wenn ich hier nur die männliche Form verwende, so tue ich das bewusst: Frauen waren bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Verein ausgeschlossen. Die Herren fürchteten sich vor der «Weibermundfertigkeit» in den Versammlungen, wie es in einem Protokoll heisst.

Dass die Kunstschaffenden um ihre gesellschaftliche Anerkennung kämpfen müssen, klingt ziemlich aktuell.
Wenn man die Geschichte anschaut und das Zirkular liest, so hat man tatsächlich das Gefühl, die Probleme und Interessen hätten sich nicht verändert. Sie haben sich punktuell verschoben, aber im Grundsatz geht es noch immer um die gleichen Fragen: Ist die Arbeit eines Künstlers wertvoll, oder ist er nur ein Schmarotzer? Was hat der Staat für eine Aufgabe gegenüber der Kunst und den Kulturschaffenden? Die Gründer der GSMB haben die Brisanz dieser Fragen erkannt und ihre Rechte eingefordert. Ob bei den Urheberrechten oder der sozialen Absicherung – damals wurde ein grosser Fächer geöffnet, der bis heute seine Gültigkeit hat.

Sie selbst mischen sich als Künstler auch in die Kulturpolitik ein. Was führte Sie zu diesem Engagement?
Ich musste mich von Anfang an mit Kulturpolitik beschäftigen, um überhaupt Kunst machen zu können. Als ich Ende der siebziger Jahre in St. Gallen mit meiner Arbeit begann, waren die Institutionen elitäre Zirkel, in die man nicht hineinkam. Die GSMBA – mittlerweile waren auch die Architekten dabei – war ein Altherrenverein, auch das Kunstmuseum war jahrelang geschlossen. Mit den Jugendunruhen 1980 in Zürich brach plötzlich eine ungeheure kreative Kraft los. Ich gründete in einem Quartier die «St. Galerie». Sie war nur ein kleiner Ladenraum mit Eckschaufenstern, durch die man von aussen die Kunst betrachten konnte. Um Werke für die Ausstellungen zu finden, war ich viel in den Ateliers von jungen Künstlerinnen und Künstlern unterwegs. Ich war selbst 24 Jahre alt. Auf diesem Weg habe ich die ganzen Problemstellungen von Kulturschaffenden erfahren.

Wie stand es damals um die öffentliche Unterstützung?
Räume zu finden, war kein Problem, denn sie waren billig. Das Ladenlokal kostete gerade einmal 170 Franken im Monat. Für die Ausstellungen brauchte ich aber Geld und ging dafür die Stadt an. Die Politik, das waren damals alte, graue Herren, die in irgendeiner Wolke lebten. Ich erinnere mich noch, wie der damalige Kulturbeauftragte die Gesuche mit einem Rotstift korrigierte. Wenn das Gesuch einen Fehler enthielt, musste man es nochmals abschreiben und erneut eingeben. Wahnsinn!

Die Kulturbeauftragten waren Feinde der Kultur und der Kunstschaffenden. Sie wollten den Status quo erhalten. Erst mit den Jugendunruhen kam Angst auf in der offiziellen Politik, dass auch in einer Provinzstadt wie St. Gallen plötzlich der Funke überspringen könnte. Tatsächlich war einiges in Bewegung: Wir machten freie Ausstellungen, bei der jeder sein Zeug bringen konnte. In St. Gallen entstand wie in Zürich und Luzern eine Kunsthalle.

Wie kamen Sie selbst finanziell über die Runden?
Am Anfang habe ich noch in meinem Beruf als Stickereientwerfer gearbeitet. Doch zum Glück hatte ich schon früh Erfolg. Jean-Christophe Ammann, der damalige Leiter der Kunsthalle in Basel, setzte sich sehr für meine Arbeit ein, und so konnte ich die ersten Ausstellungen machen. 1981 kam dann der Skandal in Fribourg, als drei Bilder von mir beschlagnahmt wurden. Dadurch wurde ich von einem Tag auf den anderen sehr bekannt, der Fall wurde in der internationalen Presse diskutiert, von der «Libération» bis zur «Zeit». Über Nacht musste ich mich mit Fragen der künstlerischen Freiheit, der Meinungsäusserungsfreiheit beschäftigen.

Was zeigten die Bilder, die damals beschlagnahmt wurden?
Ich stellte in einem ehemaligen Jesuitengymnasium aus und malte die Bilder dafür vor Ort. Auf den Räumen lastete der alte, schwere katholische Mief. In drei Nächten malte ich drei Bilder, die eine Männergesellschaft mit erigierten Penissen zeigte. Ein Vater, der die Ausstellung mit seinen Kindern besuchte, empfand sie als blasphemisch und verklagte mich und die Organisatoren beim Staat. Acht Jahre dauerte der Prozess, ich musste bis vor den Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg ziehen. Mein Fall hiess «Müller and others against Switzerland» (lacht laut). Wir haben gewonnen.

Sie hatten Erfolg, hätten nun Ihre Solokarriere weiterverfolgen können.
Das habe ich auch, aber mich hat es dazu interessiert, gemeinschaftlich etwas zu tun. Bei einem längeren Aufenthalt in Frankreich merkte ich, dass ich die Einsamkeit, die Isolation von Kunstschaffenden schlecht ertrage. Ich fand es immer sehr schwierig, im stillen Kämmerchen vor mich hin zu wursteln. Ich fand das auch nicht relevant – man muss doch raus mit der Sache! Nach der Rückkehr habe ich einen Verlag für Kunstbücher gegründet, um mit anderen Künstlerinnen und Künstlern in Kontakt zu sein. Kulturschaffende könnten viel mehr erreichen, wenn sie sich gegenseitig unterstützen.

Wenn man auf diese Zeit zurückblickt, dann hat die Kultur im Vergleich enorm an Stellenwert gewonnen. Heute würde kein Kulturbeauftragter mehr ein Gesuch mit dem Rotstift korrigieren, sondern beim Ausfüllen helfen. Woher rührt dieser Kulturwandel?
Wie gesagt wurde Anfang der achtziger Jahre die alternative Kultur von der Elite noch als Feind betrachtet. Die Jugendbewegung hat extrem viel umgewälzt, das Kulturverständnis wurde sehr viel breiter. Die Politik und auch die Wirtschaft merkten, was für ein gesellschaftliches Potenzial in der Kultur liegt. Da drehte die Politik den Spiess um und fand: Jetzt geben wir Geld, aber wir wollen auch sagen, wo es langgeht! Heute befinden wir uns meiner Meinung nach an einem ganz heiklen Punkt, an dem die Politik immer mehr in die Kultur eingreift. Unter dem Stichwort der Professionalisierung wird alles bürokratisiert, und die Politik nimmt massiv Einfluss auf das, was passiert. Vieles, was nicht etabliert ist, wird wieder unter den Tisch gekehrt.

Woran machen Sie diese Beobachtung fest?
Nehmen wir die Verlagsförderung, die ich aus eigener Erfahrung kenne. Da werden so viele Hürden eingebaut, dass viele gar nicht mehr mithalten können. Wenn die Kulturförderung eine revidierte Rechnung eines Kleinverlags verlangt, dann kostet die Revision mehr, als man mit dem Verlag im Jahr verdient. Da frage ich mich schon: Geht es hier nur um die Förderung der Grossen und Bekannten, oder geht es um die Unterstützung von Basisarbeit und um die Vermittlung von aktuellen Inhalten?

Ich bin auch der Meinung, dass Kulturschaffende Einsitz haben müssen in den Fördergremien. Die Pro Helvetia zum Beispiel hat keine Künstlerinnen und Künstler in ihren Fachgruppen. Da sitzt ein tüchtiges Heer von gut ausgebildeten Leuten. Es ist super, dass die Posten von Profis besetzt sind. Aber hört man von denen irgendetwas zur Kultur? Das ist ein Verein von Abnickern, die Angst haben, ihren Job zu verlieren. Man will auch keinen Pius Knüsel mehr an der Spitze, der ein paar freche Sprüche macht. Das Gleiche gilt für das Bundesamt für Kultur, wo Bundesrat Alain Berset ein direktivistisches französisches Kulturverständnis durchgesetzt hat: Der Staat gibt, der Staat lenkt und sagt, welche Schraube gedreht wird. Die Bedürfnisse der Kulturschaffenden sind dabei nicht mehr massgeblich. Die ehemals sehr wichtige Eidgenössiche Kunstkommission wurde zu einer Fachjury degradiert.

Trotzdem will auch niemand zurück zum System der alten grauen Herren.
Ich möchte keinesfalls sagen, wir sollten jetzt wieder alle gratis arbeiten, aus dem Hobby heraus, bloss um unabhängig zu sein. Die Leute, die sich in der Kultur bewegen, müssen auch davon leben können. Doch die Nähe führt auch zur Nettigkeit. Die Kunstschaffenden und ihre Interessengruppen müssen wieder frecher sein. Um ein Beispiel aus St. Gallen zu geben, wo ich wohne und arbeite: Da erklärte der geschäftsführende Direktor des Stadttheaters in der Zeitung, warum bei einem neuen Intendanten einzelnen Schauspielern die Verträge nicht verlängert würden. Das sei die Logik des Theaters. Gleichzeitig rühmte er sich, dank einem Sponsor einen Porsche E-Hybrid fahren zu können. Ja, ist es denn die Logik des Theaters, dass der Direktor einen Porsche fährt? Solche Fragen müsste man stellen. Aber ich höre keinen Pieps.

Meinem Eindruck nach führt eine Kulturförderung, die auf messbare Kriterien abzielt, auch zu einer starken Produktehaftigkeit der Kultur, zu einer Eventisierung. Dagegen mutet es schon fast wieder provokativ an, von den Werken und ihren Inhalten zu reden.
Gefördert wird auf jeden Fall Kunst, die Erfolg haben soll. Und sobald sie Erfolg hat, wird sie geschluckt. Indem man sie hochjubelt, macht man sie wirkungslos. Die Kunst wird gewissermassen in einen anderen Raum gelegt: Weg vom Bedürfnis der Kulturschaffenden in einen High-Level-Raum, wo sie als gesellschaftlich anerkannter Wert mit anderen Vorzeichen gehandelt wird.

Ich würde mir mehr Kultur wünschen, die näher bei den Menschen ist, die aus einem gesellschaftskritischen Bedürfnis entsteht, aus einem Notstand heraus. Eine Kultur, die sich an ihre anarchische Unabhängigkeit erinnert und sich gegen die Obrigkeit wehrt, gegen die mühsame Gesellschaftsrealität. Dafür müssen die Künstlerinnen und Künstler auch sicher wieder mehr über den Inhalt reden, in den Museen steht ja meist nur mehr etwas zu ihrer Maltechnik und ihrem Werdegang. Die Kritik versinkt an den Vernissagen im Eröffnungssekt.

Welche Rolle spielt die Kunstausbildung bei der von Ihnen kritisierten Professionalisierung?
Die Fachhochschulen stehen unter einem enormen Konkurrenzdruck. In Luzern, Basel, Zürich oder Bern wird um jeden Studenten, jede Studentin gekämpft, weil die Subventionen nach einem Pro-Kopf-System abgerechnet werden. In Deutschland konnte das System der Akademien erhalten werden, wo ein Professor, eine Professorin mit den Studenten ein Werk weiterentwickelt. Die Schweiz war hingegen so folgsam bei der Einführung des Bologna-Systems, dass jetzt alle nur noch Punkte sammeln. Eine riesige bürokratische Maschine ist entstanden, die um internationale Forschungsgelder kämpft. Dazu braucht man in der Leitung auch keine Kunstspezialisten mehr, sondern Leute, die eine bürokratische Sprache verstehen und Gelder generieren können. Wenn die Hochschulen nicht aufpassen, kommt am Ende der Ausbildung etwas ganz anderes heraus als Künstlerinnen und Künstler.

Sprechen Sie damit nicht der Kultur wieder ihren Stellenwert ab? Sie ist ein boomender Wirtschaftszweig geworden, der vielen Menschen ein Einkommen verschafft. Also braucht es auch eine Ausbildung dazu. Bei der Landwirtschaft würde man nie so argumentieren.
Ich würde nie gegen die Bildung votieren, erst recht nicht gegen die Kunstausbildung. Wenn sie einen Freiraum öffnet im Denken, wenn sich die Welt und die sozialen Begebenheiten dadurch anders erfahren lassen, dann finde ich das höchst positiv. Nur darf man den Leuten nicht die Illusion geben, wenn sie die Schule verlassen, seien sie ein Künstler oder eine Künstlerin. Sondern dass sie vier Jahre lang den Freiraum hatten, in einem interessanten Gebiet zu forschen. Wenn man diese Illusion benennen würde, wäre es schon etwas besser. Für junge Kunstschaffende ist der Markt sehr schwierig geworden. Wenn man nur die Meldungen in den Auktionskatalogen liest, könnte man den Eindruck erhalten, alle Künstler seien Multimillionäre. «37 Millionen für Gerhard Richter!», «Damien Hirst kauft seine Werke selber zurück!» Doch es gibt nur ganz wenige, die es durch die Spekulation nach ganz oben schaffen. Einige von ihnen beschäftigen dann Hunderte junge Leute zu einem Schundlohn. Ist es das, was wir wollten? Wollten wir solche Stars, die andere ausnutzen?

Kulturschaffende leben also meist prekär – trotzdem werden sie häufig als abgehoben und elitär wahrgenommen. Hat dieses Bild auch mit Kulturinstitutionen zu tun, die wenig zugänglich sind?
Ich glaube schon, dass bei einigen Gruppen in der Gesellschaft ein Unbehagen vorhanden ist, nicht dazuzugehören: «Wir verstehen die Kultur nicht, und wir vermögen sie nicht!» Wenn man sich die Preise anschaut von Institutionen, die hoch subventioniert sind, dann finde ich das schon verrückt. Ein Eintritt ins Kunsthaus Zürich zu zweit mit einem Kind kostet rund fünfzig Franken. Das wäre ein grosses Thema in der Kulturpolitik: Sollen die Museen nicht auch Gratiseintritte anbieten, mindestens am Sonntagnachmittag? Ich habe das Gefühl, die Kultur ver-elitarisiert sich wieder, der Normalo kann sie immer weniger wahrnehmen. Ich empfehle darum allen, an die Vernissagen zu gehen. Geht ins Kunsthaus zur Eröffnung! Es ist gratis, und es gibt immer etwas Gutes zu essen und zu trinken. Ich habe das in Paris gelernt, am Centre culturel suisse: Da kamen bei jeder Eröffnung einige Clochards, die sich in die besten Kleider geworfen hatten.

Und neben dem Buffet: Was könnten die Institutionen sonst noch tun, um sich einem breiteren Publikum zu öffnen?
Die hiesigen Museen haben es gewiss nicht einfach. Die Leute flippen schnell mit dem Flugzeug nach London oder Barcelona oder New York. Dort sehen sie die riesigen, gigantischen Museen, wie der Erweiterungsbau der Tate von Herzog & de Meuron in London. Dann stehen sie wieder vor einem kleinen Schweizer Kunstmuseum. Es bringt wenig, wenn diese versuchen, im internationalen Konkurrenzwettbewerb mitzueifern. Ernsthaft betrachtet gilt das Gleiche wie in den achtziger Jahren: Wird das Regionale ernst genommen, hat eine Institution schon gewonnen.

Maler, Verleger, Tümpelforscher

Im Tagebuch auf seiner Website bezeichnet sich Josef Felix Müller (62) selbstironisch als «Tümpelforscher». Doch der Maler, Bildhauer und Verleger ist weit über die Ostschweiz hinaus bekannt, wo er lebt und arbeitet. Seine Werke sind von vielen Schweizer und internationalen Museen und Sammlungen angekauft worden. Die Beschäftigung mit Mensch und Natur steht dabei immer wieder im Zentrum: Sei es bei lebensgrossen Holzskulpturen, die Müller mit der Motorsäge fertigt, oder in der Landschaftsmalerei, bei der er digitale Aufnahmen vergrössert und vielschichtig übermalt. 1986 gründete Müller den Vexer-Verlag, in dem bisher weit über hundert Publikationen erschienen sind.

Seit 2014 ist Müller Zentralpräsident der Visarte, der Berufsvereinigung der bildenden Künstlerinnen und Künstler der Schweiz.