Die Kosovo-Truppe: Auftrag nicht erfüllt

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Der Kosovo war früher eine zu neunzig Prozent von AlbanerInnen bewohnte, autonome Provinz Serbiens. Seit Sommer 1999 ist dort die von der Nato geführte «Kosovo-Truppe» (Kfor) stationiert. Deren Umfang wurde von ursprünglich 50 000 auf inzwischen rund 4200 SoldatInnen reduziert. Von Anfang an dabei war auch ein bis zu 235 Personen starkes Kontingent Schweizer SoldatInnen unter der Bezeichnung Swisscoy.

Der Stationierung der Kfor vorausgegangen war der völkerrechtswidrige Luftkrieg gegen Serbien, mit dem die Nato der kosovo-albanischen Befreiungsbewegung UCK zum Sieg gegen Serbien verholfen und die Abspaltung des Kosovo ermöglicht hatte. Inzwischen fordert die Regierung in Pristina den Abzug der Kfor, die Regierung in Belgrad plädiert hingegen für den Verbleib der multinationalen Truppen.

Etabliert wurde die Kfor durch die Resolution 1244 des Uno-Sicherheitsrats. Dieses Mandat definiert acht Aufträge, die die Kfor entweder allein umsetzen sollte oder mit Unterstützung der zivilen Übergangsverwaltung der Uno (Unmik) und der von der EU entsandten Mission zum Aufbau eines Rechtsstaats (Eulex). Die meisten dieser acht Aufträge wurden indes nur unvollständig oder vorübergehend erfüllt.

Erfolgreich erledigte die Kfor lediglich den Abzug der serbischen Streitkräfte sowie die Räumung der Minen, die während der Kämpfe 1998 im Kosovo verlegt worden waren. Doch die Entwaffnung der UCK und anderer Milizen hat sie nur unvollständig durchgesetzt. Vor allem Gebiete, aus denen Angehörige der serbischen und anderer Minderheiten von Kosovo-Albanern vertrieben wurden, sind noch immer unsicher. Mitglieder der serbischen Mehrheit in der nordkosovarischen Stadt Mitrovica sabotieren immer wieder Massnahmen der Unmik, der Eulex und der kosovarischen Regierung und gefährden damit die öffentliche Ordnung.

Auch das Wiederaufflammen der Gewalt verhinderte die Kfor immer nur vorübergehend. Zwar musste die Truppe 2015 laut ihrem Jahresbericht kein einziges Mal ausrücken. Doch seitdem hat sich die Situation wieder verschärft. Keines der politischen, wirtschaftlichen und völkerrechtlichen Probleme des Kosovo wurde in den vergangenen siebzehn Jahren gelöst. Die Regierung besteht überwiegend aus mafiösen Exmitgliedern der UCK, darunter einige mutmassliche Kriegsverbrecher.

Die Arbeitslosigkeit ist die höchste in allen Ländern des Westbalkans, vor allem junge Leute versuchen, das Land zu verlassen. Wegen dessen ungeklärten völkerrechtlichen Status können seine BürgerInnen allerdings nur in 38 andere Länder visumfrei reisen. Lediglich 113 der 193 Uno-Staaten haben den Kosovo anerkannt. Russland und China verhindern mit ihrem Veto die Aufnahme des Kosovo in die Uno.

Zwar haben die Regierungen in Belgrad und Pristina unter dem Druck der Unmik und der Eulex Vereinbarungen getroffen, die das alltägliche Zusammenleben von SerbInnen und AlbanerInnen im Kosovo regeln. Dennoch hat Belgrad die Eigenstaatlichkeit des Kosovo nie anerkannt. In jüngster Zeit erklärte die Regierung immer deutlicher, dass «der Kosovo für immer zu Serbien» gehöre. Auch im benachbarten Bosnien-Herzegowina zündelt die Regierung der serbischen Teilrepublik Srpska. Noch in diesem Jahr will sie ein Referendum über ihre Eigenstaatlichkeit abhalten – und beruft sich dabei auf die Abspaltung des Kosovo 1999.

Russland, das diese von der Nato mit Gewalt durchgesetzte Grenzveränderung stets scharf kritisiert hatte, rechtfertigt heute die völkerrechtswidrige Annexion der Krim auch mit diesem Präzedenzfall und unterstützt die Bestrebungen der nationalistischen SerbInnen. «Die Gefahr von gewaltsamem Extremismus im Kosovo und im übrigen Westbalkan ist real», warnte der Uno-Generalsekretär in einem Bericht Anfang Februar. In dieser Situation wäre ein Abzug der Kfor trotz ihrer sehr dürftigen Erfolge wohl das falsche Signal.

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