Schwedens Asylpolitik: Kehrtwende längst vollzogen

Nr. 15 –

Dass der Terror nun das (zumindest im eigenen Selbstverständnis) weltoffene und liberale Schweden trifft, hatte kaum jemand erwartet. Am vergangenen Freitag raste ein Mann mit einem gekaperten LKW in Stockholm in ein Kaufhaus. Dabei riss er vier Menschen in den Tod und verletzte fünfzehn weitere schwer. Der Anschlag dauerte nur wenige Sekunden – und versetzte das ganze Land in den Ausnahmezustand. Am Dienstag bekannte sich ein 39-jähriger Usbeke zur Tat, der mit extremistischen Organisationen wie dem IS sympathisiert haben soll. 2014 hatte er in Schweden um Asyl ersucht, zwei Jahre später wurde der Antrag abgelehnt, danach verlor sich die Spur des Mannes.

Wie schon beim Anschlag in Berlin im Dezember letzten Jahres stehen nun auch in Schweden die Behörden wegen ihrer Abschiebepraxis in der Kritik. Laut Angaben der Grenzpolizei sind rund 12 000 Menschen untergetaucht, die eigentlich ausgewiesen werden sollten. Entsprechend rief der Chef der rechtsextremen Schwedendemokraten lauthals nach Konsequenzen. Und der sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven zeigte sich über die langen Ausschaffungsverfahren «frustriert». Dabei werden Ausweisungen immer konsequenter vollstreckt. Ende März etwa flogen die Behörden zwanzig junge Afghanen aus, die meisten kaum volljährig – obwohl viele in ihrer einstigen Heimat über keinerlei Netzwerk verfügen und Afghanistan alles andere als sicher ist.

Von der viel beschworenen schwedischen «Willkommenskultur» ist nicht mehr viel übrig. Noch vor wenigen Jahren nahm das Land innerhalb der EU pro Kopf die meisten Flüchtlinge auf. Dann wurden im Herbst 2015 an der Grenze zu Dänemark Kontrollen eingeführt, die Asylgesetze im Laufe der Zeit mehrfach verschärft. Inzwischen sind die wenigen positiven Asylbescheide meistens nur befristet, Familiennachzug ist praktisch ausgeschlossen.

Das schwedische Asylsystem gehört mittlerweile zu den repressivsten in Europa. Den Anschlag verhindern konnten die Behörden dennoch nicht – nicht zuletzt, weil es vor Terror keinen absoluten Schutz gibt. Das Land dürfte sich in Zukunft dennoch weiter abschotten. Denn nächstes Jahr wird in Schweden ein neues Parlament gewählt. Laut Umfragen wären die Schwedendemokraten – trotz der schon lange vollzogenen asylpolitischen Kehrtwende der rot-grünen Regierung – im Moment die zweitstärkste politische Kraft.