Rap: Dem Teufelskreis entkommen
Die Depression ist nie fern. Ständig droht sie, einen im Alltag anzuspringen. Gegen vielfältige Anfechtungen muss gekämpft werden. Um die eigene Sprache wird gerungen und um die Identität. Neunzehn Stücke versammelt die zweite Platte von The B. Sie ist musikalisch vielfältig, der Rap wird unterschiedlich orchestriert, von Techno bis zu balkanischen Volksmusikklängen, zuweilen perlt ein Klavier vor sich hin, dann wieder wird zünftig gescratcht.
The B., Blerim Tatari, gehört seit etlichen Jahren zur Schweizer Albano-Rap-Szene: Ein fragwürdiger Begriff, weil er ethnisch kategorisiert und damit einhegt. The B. rappt schliesslich zumeist in Mundart. Allerdings hat sich tatsächlich eine entsprechende Szene mit einer selbstständigen Infrastruktur, mit Aufnahmestudios und Videokanälen und einem eigenen Publikum etabliert. The B. sticht daraus hervor mit geradezu schwermütig-existenziellen Texten. «Suech de Sinn» nennt er eines seiner Stücke ohne Scheu. Wenn sich kein Ausweg aus dem Labyrinth von Fragen zeigt und man doch einen Lebenssinn festhalten möchte. Wenn einen in den verdammten Nächten die Albträume verfolgen, «won ich langsam usswändig weiss: Ich wott use us dem Scheiss, doch bliib i da i dem verdammte Tüüfelschreis.» Man bekämpft die Versuchung in sich mit einem Gin, und dann gewinnt sie sowieso. Rau hingerappt tönt das und geradezu anrührend authentisch.
Der Schwermut antwortet der trotzige Widerstand: Erhobenen Hauptes möchte man seinen Platz erobern. Wieder lebendig sein, sich selber treu bleiben. Die eigene Sache durchziehen. In seinen Texten ist The B. radikal allein. Entfremdung ist ihr Ausgangspunkt: Das ist eine soziale Aussage, auch ohne politische Parolen. So bleibt The B. repräsentativ für eine Szene und in ihr verankert. Auf dieser CD finden sich denn auch etliche Kollaborationen mit Kollegen, auf Albanisch, Englisch, Französisch, Berndeutsch. Dabei ist klar: Kunst ist Lebenshilfe, um einen Platz zwischen Fremdsein und Integration in der Eigenständigkeit zu finden.
The B: #Beftim2. Winterthur 2017. «Beftim2» kann via Soundcloud gratis gestreamt werden