Sophia Kennedy: Hier gehts weiter

Nr. 37 –

Foto: Rosanna Graf

Sind alle guten Popsongs schon geschrieben? Und hat sich die Popmusik bereits zu Tode rezykliert, wie dies die zu Recht breit rezipierte und längst zu oft zitierte «Retromania»-These von Simon Reynolds besagt? Nein und wieder nein, denn es gibt beispielsweise eine Künstlerin wie Sophia Kennedy, die im Frühling eines der Popalben des Jahres veröffentlicht hat. «Ich will das Traditionelle an die Grenze bringen, an der es extrem wird», sagt sie zu ihrem Songwriting. Und fügt an: «Man darf einfach keine Angst haben, dass Pop daraus wird.» Pop bedeutet bei der Wahlhamburgerin kein supercleveres Spiel der Songdekonstruktion, denn bei allen begeisternden Abzweigungen, die sie mit Streichern, Klavier und einigen bösen Bässen nimmt, bleiben Melodien von Kammerpopsongs mit Clubzugang wie «Kimono Hill» hängen.

Sophia Kennedys Debüt ist vor allem auch eine Hamburger Platte mit Basislager im jüngst wieder eröffneten Golden Pudel Club: Sterne-Mitglied Mense Reents hat mitgeschrieben und produziert, erschienen ist es auf Pampa Records, dem liebevoll geführten Label des ebenso liebenswürdigen wie schrulligen DJ Koze. Wer im Frühling zufällig in der Hansestadt war, konnte dieser so bestimmten wie träumenden Popmusik immer wieder begegnen – und beglückt stehen bleiben.

Palace, St. Gallen, 20. Oktober 2017; Neubad, Luzern, 21. Oktober 2017