In der aufregenden Gegenwart

Nr. 43 –

  • Elektroniktüftler oder Hitproduzentin?
  • Bit-Tuner: Marcel Gschwend ist Bit-Tuner. Seine Elektrotracks baut er im Hinterzimmer eines Zürcher Möbelgeschäfts zusammen. Der aus St. Gallen stammende Musiker spielt auch Bass bei Stahlberger.
  • Saxofonist oder Schlagzeugerin?
  • Marc Stucki: Im Sonarraum U64, im Keller des Progr in Bern, experimentiert der Saxofonist, Klarinettist und Komponist Marc Stucki mit befreundeten MusikerInnen für neue Konzerte – mal ohne, mal mit Publikum.
  • Bandleader oder Solokünstlerin?
  • Pepe Lienhard: Seine Big-Band-Stücke komponiert der Aargauer Pepe Lienhard in seinem Zuhause – einem alten Bauernhof – in Frauenfeld. Die Orchesterproben finden natürlich anderswo statt.
  • Audiogamerin oder Instrumentenbauer?
  • Dragica Kahlina: Im zürcherischen Dietikon erarbeitet Dragica Kahlina mit ihrer Eigenharp unterschiedlichste Projekte: algorithmische Elektronika, Audiogames, Live-Coding und vieles mehr.
  • Improjazz oder Popcharts?
  • James Gruntz: In einem Zürcher Luftschutzkeller, der von der Stadt zum Bandraum umfunktioniert wurde, spielte James Gruntz sein neues Album ein. Trotz der Aussichtslosigkeit des Raums trägt es den Titel «Belvedere».
  • DJ oder Klangkünstlerin?
  • Karen Geyer: An Materialien, mit denen sie Geräusche erzeugen kann, fehlt es Karen Geyer alias Mrs. Grauton in ihrem Proberaum in Zürich nicht. Hier baut und testet sie ihre aufwendigen Klanginstallationen.

Die Popmusik sei verliebt in die eigene Vergangenheit, heisst es immer 
wieder – auch wegen des Schlagworts «Retromania» des britischen
 Autors und Musikjournalisten Simon Reynolds. Dieses Überstrapazieren des Blicks in Richtung Vergangenheit hat ihren Preis: Nur zu gerne geht vergessen, dass eine musikalische Gegenwart existiert, die in die Zukunft schielt und nach neuen Ästhetiken und Positionen sucht. 
Das hören wir, wenn wir Mainstreamkontexte verlassen und unser Ohr in Nischenpop, Neue Musik oder Radio-Art vordringt – und wenn 
wir dabei auch über den euroamerikanischen Raum hinauslauschen.

Die vorliegende «WOZ Musik»-Ausgabe widmet sich dem aufregenden Jetzt. AutorInnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz porträtieren und befragen MusikerInnen der Gegenwart. Die Auswahl ist breit und reicht von der Londoner Instrumentenbastlerin Mica Levi über die deutsche DJane Lena Willikens bis hin zum südafrikanischen Electroproduzenten Nozinja – und zu Joke Lanz: Der Exilaargauer 
ist als Sudden Infant seit 25 Jahren international im Noisebereich tätig. In kurzen Worten erzählen uns Rapper, Klangkünstlerinnen, Big-
Data-Komponisten und Rockmusikerinnen aus Ländern wie Pakistan, Israel, Deutschland oder der Schweiz, wie sie heute Musik produzieren. Denn die Produktionsweisen von Musik haben sich verändert 
und multipliziert – auch dank Smartphones, wie der Musikethnologe 
Wayne Marshall im Interview über «Treble Culture» betont: Hohe Frequenzen dominieren plötzlich das Klangbild, und Hi-Fi scheint bedroht. Dass auch Roman Camenzind unter solchen Gesichtspunkten produziert, ist anzunehmen: Beim Besuch des Schweizer Hitmill-Produzenten blicken wir kurz in Richtung Mainstream. Die Fotostrecke von Andreas Bodmer lädt schliesslich ein in Übungsräume und Kleinstudios der Schweiz. Wo entsteht welche Musik? Die fotografische Auflösung findet sich am Ende der Beilage.

Musikerinnen und Musik haben ihre Visionen nicht verloren. 
Viel Vergnügen beim Lesen.

Testimonials

Die Testimonials von Transforma , Marcus Maeder , Ali Gul Pir , Marcus Schmickler , Meira Asher , Gaudenz Badrutt , Joy Frempong und Marlon McNeill wurden aufgezeichnet von Thomas Burkhalter, Benedikt Sartorius, Hannes Liechti und Holger Lund.

WOZ Musik

Dieses Extra wurde unterstützt durch den ­Recherchierfonds des Fördervereins ProWOZ. Dieser Fonds finanziert ­Recherchen und ­Reportagen, die die Möglichkeiten der WOZ übersteigen. Er speist sich aus Spenden der WOZ-LeserInnen.
Unterstützen Sie den ProWOZ