Die gescheiterten Guevaristen: Vom Militär zerschlagen

Nr. 40 –

Ab Mitte der sechziger Jahre wurden in Lateinamerika eine ganze Reihe von Guerillaorganisationen gegründet, die von Che Guevara und seiner Theorie inspiriert waren. Allein in Kolumbien entstanden aus universitären Kreisen heraus ein gutes halbes Dutzend kleinere Gruppen, die versuchten, auf dem Land einen revolutionären Fokus zu etablieren. Sie wurden fast alle innerhalb kurzer Zeit vom Militär zerschlagen. Einzig das Nationale Befreiungsheer (ELN) hält sich bis heute. Es versteht sich aber schon lange nicht mehr als revolutionäre Avantgarde, sondern als bewaffneter Arm sozialer Bewegungen.

Deutlich stärker waren die zeitgleich entstandenen guevaristischen Gruppen im Süden des Kontinents. Das Revolutionäre Volksheer (ERP) in Argentinien, die Tupamaros in Uruguay und die Bewegung der revolutionären Linken (MIR) in Chile hatten zu ihren besten Zeiten Anfang der siebziger Jahre jeweils bis zu 10 000 Mitglieder. Auch sie entstammten vorwiegend dem universitären Umfeld und versuchten, mit Banküberfällen, Sabotageakten, Entführungen und Attentaten gegen Politiker und hochrangige Sicherheitskräfte eine revolutionäre Situation zu erzwingen. Vor allem die Tupamaros änderten Guevaras dritten Lehrsatz vom Land als Schauplatz des bewaffneten Kampfs: Sie operierten vorwiegend in Städten. Ihre theoretischen und ganz praktisch anleitenden Schriften zur Stadtguerilla wiederum beeinflussten die Rote-Armee-Fraktion in Deutschland, die Roten Brigaden in Italien und die Action directe in Frankreich.

Die südamerikanischen guevaristischen Gruppen wurden allesamt nach den Militärputschs in ihren Ländern zerschlagen. Einzig die MIR leistete noch eine Zeit lang bewaffneten Widerstand. Wer konnte, rettete sich ins Exil. Später unterzogen nur die Tupamaros ihr voluntaristisches Konzept einer grundlegenden Selbstkritik. Sie schlossen sich 1989 als neu gegründete Bewegung der Volksbeteiligung (MPP) dem linken Parteienbündnis Frente Amplio an und stellten mit diesem von 2010 bis 2015 den charismatischen Präsidenten José Mujica.