Metal: Riese im Schatten von Celtic Frost
Als Pete Townshend von The Who in der Presse prahlte, wie dreckig und laut sein Song «I Can See for Miles» sei, wollte Paul McCartney das nicht auf sich sitzen lassen. In «Helter Skelter» schrie er sich die Seele aus dem Leib, dazu schredderten die Beatles wie wild drauflos – 1967 der härteste Song aller Zeiten. Dafür wurden die Beatles rückwirkend mit einem Platz im historischen Vorzimmer des Heavy Metal belohnt.
Und nun finden wir ein Cover dieses Songs auf «Hegemony», dem neuen Album der Schweizer Metalband Samael. In dieser Version wird der überbordende Furor der ursprünglichen Aufnahme in bombastischen Synthesizern und einem industriellen Beat geradezu erstickt.
Doch mit Geschmacklosigkeit hat das nichts zu tun. Eher mit Ironie. Denn die vor dreissig Jahren in Sion gegründete Band ist schon lange dabei, jene Geschichte, vor deren Anfang die Beatles standen, am hinteren Ende wieder abzutragen. Für eine Metalband griffen Samael vergleichsweise früh zum Synthesizer, 1995 veröffentlichten sie zum ersten Mal ein rein elektronisches Stück, bald ersetzten sie das Schlagzeug ganz durch einen Drumcomputer. Mit «Hegemony», das immer wieder mit tollen Hooks überrascht, schliessen Samael an diese Zeit an, wo sie zwischen Industrial, symphonischen Keyboards, Techno und Black Metal einen eigenwilligen Sound in die Welt setzten.
Samael standen stets im Schatten von Celtic Frost, deren Bassist Martin Stricker kürzlich verstorben ist. Ähnlich wie Celtic Frost werden Samael im Metaluntergrund weltweit als eigenwillige Pioniere verehrt. Als sie Anfang der neunziger Jahre mit der aufstrebenden Black-Metal-Szene in Norwegen in direktem Austausch standen, bevor irgendjemand sich für deren Musik interessierte, erfuhren die Westschweizer, was das auch bedeuten kann: Der Samael-Bassist Masmiseim soll per Post ein Stück des Gehirns von Per Yngve Ohlin erhalten haben, nachdem sich der Sänger der Band Mayhem in den Kopf geschossen hatte: ein Ritterschlag aus dem satanischen Untergrund.
Samael: Hegemony. Napalm Records. 2017