Kino-Film «Detroit»: Rassisten in Uniform

Nr. 47 –

Detroit 1967. Eine geteilte Stadt, die fast ausschliesslich weisse Polizei drangsaliert systematisch die afroamerikanische Community, bis sich deren Unmut entlädt. Ein schwarzer Politiker versucht zu beschwichtigen, doch seine Appelle kommen nicht an gegen die Wut, die sich aufgestaut hat, dann steht die Stadt wie im Krieg. Ausgangssperre, brennende Trümmer, Militärpanzer in den Strassen. Ein kleines Mädchen stirbt im Panzerfeuer.

Gerade mal fünfzehn Minuten braucht Kathryn Bigelow («The Hurt Locker»), um die Eskalation zu skizzieren, die Detroit im Sommer 1967 für fünf Tage in schwerste Unruhen stürzte. Mittendrin statt nur dabei: Er ist mitreissend im Wortsinn, der hyperintensive Realismus, mit dem Bigelow das Klima der Race Riots zum quasidokumentarischen Thrill verdichtet. Ungemein physisches Kino ist das, ganz auf die fatale Dynamik der Unruhen gerichtet. Ein schwarzer Wachmann (John Boyega) trinkt mal Kaffee mit Armeeleuten, ein rassistischer Cop (Will Poulter) schiesst einem Plünderer in den Rücken, ansonsten hält sich das Drehbuch des Exjournalisten Mark Boal anfangs nicht mit Einzelfiguren auf.

Doch dann verengt sich das Drama auf die Vorkommnisse im Algiers Motel, wo der schiesswütige Polizist wieder auftaucht. Jetzt lässt er die teils jugendlichen Gäste an die Wand stellen, darunter den Sänger einer Motownband, die gerade einen grossen Auftritt durchkreuzt sah, als wegen der Unruhen der Konzertsaal geräumt wurde. Mit seinen Getreuen schikaniert und misshandelt der Cop eine Nacht lang seine Opfer, am Ende sind drei schwarze Teenager tot. Hier, im langen Mittelteil, zieht sich «Detroit» zu einem unerträglich sadistischen Kammerspiel zusammen, und auch wenn der Sadismus dieser Episode mit kritischem Kalkül vorgeführt wird: In dieser Engführung auf den Einzelnen taugt das gerade nicht als Drama über den systemischen Rassismus der US-Gesellschaft, wie Bigelow das gerne hätte. Wir dürfen einfach quälend lange einem weissen Rassisten in Uniform bei der Arbeit zuschauen.

Ab 23. November 2017 im Kino.

Detroit. Regie: Kathryn Bigelow. USA 2017