Wichtig zu wissen: Unangebrachtes Geplopper

Nr. 17 –

Ruedi Widmer über die wichtigsten Unwichtigkeiten

Ich will schon länger über all das schreiben, vergesse es aber stets wieder, weil es dann doch zu wenig wichtig ist. Jetzt habe ich es endlich mal nicht vergessen.

Es ist eine Liste, und ihr Titel lautet:

«Nervenaufreibende Situationen und Dinge, die einen im Moment aufregen, die man aber schnell wieder vergisst, bis sie wieder geschehen. Und über die man eigentlich nie spricht.»

1. Am Computer vertieft arbeiten und merken, dass man immer mehr friert, aber trotzdem nicht aufstehen und ein Jäckchen holen.

2. Etwas, was schon lange und vertraut an einem eigentlich unpassenden Ort lagert, endlich an einem sinnvollen Ort aufbewahren und nach wenigen Stunden nicht mehr wissen, wo jetzt dieser sinnvolle Ort gewesen ist.

3. Den Kopf an der Küchenschranktür anstossen und vor Schreck reflexartig zurückhauen und sich dabei auch noch an der Hand wehtun.

4. Spannungslose, an den Falzen aufgefilzte, weil irgendwann einmal feucht gewordene Kartonschächteli von Salben und Merfen-Sprayfläschchen, bei denen die Tube oder das Fläschli nach dem Oben-Reinstecken gleich unten wieder rausfällt.

5. Fliegen, die oben in Halogenlampen fliegen, verbrennen und stinken.

6. Etwas auf Google nachschauen wollen, aber dann bei anderen Sachen stehen bleiben und später merken, dass man schon wieder nicht nachgeschaut hat.

7. Etwas eine halbe Minute lang suchen, beispielsweise das Mobiltelefon; dieses aber dabei in der Hand tragen und sogar ans Ohr halten und dem Gesprächspartner am Mobiltelefon auch noch sagen, dass man das Mobiltelefon dummerweise gerade nicht finde, um das so wichtige E-Mail sofort anschauen zu können.

8. Nach dem Spät-Heimkommen im Schlafzimmer ohne das Licht anzumachen (um den Partner nicht zu wecken) das Pyjamaoberteil ertasten und anziehen, und jedes Mal ist das Zettelchen vorne.

9. Wenn die Kinder am Nachmittag des Tages, an dem am Vormittag Kartonabfuhr war, Karton zum Basteln suchen.

10. Auf dem Tisch stehende leere PET-Flaschen, die bei Durchzug umkippen, vom Tisch runterrollen, auf den Boden ploppen lassen und dabei einen völlig unangebrachten lauten ploppigen Plopperlärm machen.

11. In der Euphorie (beispielsweise nach einem Telefonat wegen eines neuen Auftrags) alleine in der Wohnung herumhüpfen (aber wirklich nur kurz) und dabei mit dem Hals eine blöde Bewegung machen, die nachher heiss schmerzt.

12. Beim Arbeiten lustlos auf dem eigentlich schon lang vergessenen Kaugummi herumkauen, bis man sich auf die Lippe beisst und der schon lange geschmacklos gewesene Kaugummi neu die Geschmacksrichtung «Eisen» erhält.

13. Dokumente und Schreiben, die genug wichtig sind, um nicht sofort weggeworfen zu werden, die aber nirgendwo passend eingeordnet werden können und dann wochenlang auf dem Schreibtisch liegen und jedes Mal stören; aber doch zu wenig stark, um endlich einer Lösung zugeführt zu werden.

14. In Jeanshosen vergessen gegangene Papiertaschentücher, die sich in der Wäsche in Fetzen auflösen und sich hundertfach in allen Kleidern verfangen.

15. Kleine Gegenstände, die eigentlich in einen anderen Raum oder Stock gehören und die man, statt sie sofort zurückzubringen, schnell in die Hosentasche steckt (um sie später bei Gelegenheit richtig zu versorgen) und dann mehrere Tage sinnlos mit sich herumträgt.

16. Den müden Moment, um ins Bett zu gehen, verpassen, wieder wach werden und dann die halbe Nacht nicht schlafen und sich dabei Sorgen machen, dass man nicht schläft.

Ruedi Widmer ist Cartoonist in Winterthur.