Italienische Wirtschaft: Der sicherste Weg in die Krise

Nr. 22 –

Dürfen die ItalienerInnen einfach Parteien wählen, die nicht rundum «Euro-kompatibel» sind? Diese Frage stellt sich, nachdem die Bildung der Regierung aus Cinque Stelle und Lega am Veto des Staatspräsidenten Sergio Mattarella gegen den als Schatzminister vorgesehenen Paolo Savona gescheitert ist.

Savonas Vergehen bestand darin, dass er sich immer wieder kritisch über den Euro geäussert hatte, dass er die Frage nach dessen Nutzen – oder Schaden – aufgeworfen und Reformen in Europa eingefordert hatte. In einer Demokratie sollte das legitim sein. In Italien haben die WählerInnen am 4. März nicht über den Euro, nicht gegen die EU abgestimmt. Mit ihrem Votum für die beiden Wutbürgerparteien, die jetzt koalieren wollten, haben sie sich allerdings klar gegen den bisherigen Austeritätskurs ausgesprochen.

Überraschen kann das eigentlich niemanden. In den letzten zwei Jahren hat das Land zwar einen – mehr als bescheidenen – Aufschwung erlebt, die Wunden der Krise, der Verlust an Einkommen und Arbeitsplätzen, die rapide Zunahme der Armut sind aber keineswegs verheilt. Es ist daher verquer, von den ItalienerInnen «Vernunft» abzuverlangen und auf die treue Einhaltung der europäischen Verträge zu beharren, wenn sie nicht mehr erkennen können, welche Vorteile sie davon erwarten dürfen. Stattdessen wären die EU-Kommission und die anderen europäischen Regierungen gut beraten, den Missmut im Süden Europas endlich zur Kenntnis zu nehmen, statt ihn bloss domestizieren zu wollen, wie sie es schon in der Griechenlandkrise 2015 getan hatten, als Alexis Tsipras «zur Räson» gebracht wurde.

Eine ähnliche Übung wie Tsipras hat nun, gleichsam in vorauseilendem Gehorsam, Italiens Staatspräsident Mattarella unternommen, als er Schatzminister Savona – und mit ihm gleich die gesamte Regierung, die immerhin über eine parlamentarische Mehrheit verfügt hätte – torpedierte. Dabei verwies der Präsident auf seine Pflicht, Sparer und Investorinnen zu schützen, kurzum: auf seine Pflicht, die Stabilität zu wahren.

Das Gegenteil davon hat er bewirkt, der Risikoaufschlag für Staatsanleihen geht durch die Decke, die Bankentitel brechen ein. Denn alle wissen: Gerade aufgrund seiner Entscheidung wird bei der nächsten Wahl Europa das Thema sein. Ein Europa, das einmal in Italien hohe Zustimmung genoss, weil seinen Prosperitätsversprechen geglaubt wurde. Heute sagt der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger, «die Märkte» würden die ItalienerInnen schon lehren, wie sie abzustimmen haben. Dies ist der sicherste Weg, um die Eurozone und die EU in eine existenzielle Krise zu treiben.