Vertreibung der Rohingya: Genozidale Absicht

Nr. 35 –

Eine ethnische Säuberung mit «genozidaler Absicht»: So beurteilte die Uno die Kampagne der Armee von Myanmar gegen die muslimische Minderheit der Rohingya im Norden des Landes. Der am Montag in Genf vorgelegte Bericht der Uno-Menschenrechtskommission basiert auf zahlreichen Interviews und anderen Dokumenten und zeichnet ein erschütterndes Bild von Verfolgung, Vergewaltigungen und Tötungen. Myanmar hatte jede Kooperation mit der Kommission abgelehnt. Entsprechend ist auch die Reaktion ausgefallen: Man akzeptiere keine Beschlüsse des Uno-Menschenrechtsrats, erklärte ein Regierungssprecher.

In Bangladesch leben mittlerweile 900 000 Flüchtlinge unter zunehmend prekären Bedingungen. Laut Uno-Bericht ist die im August 2017 begonnene Vertreibung von langer Hand vorbereitet worden. Erstmals werden führende Militärs als treibende Kräfte hinter den Gewalttaten benannt. Armeeoberbefehlshaber Min Aung Hlaing und fünf Generäle sollen sich deshalb wegen versuchten Völkermords vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten.

Uno-Generalsekretär António Guterres forderte am Dienstag, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Forderung haben sich die westlichen Staaten im Uno-Sicherheitsrat angeschlossen, während die Vetomächte China und Russland den «Dialog» mit der Führung in Myanmar aufrechterhalten wollen. Die offizielle Schweiz hält sich vornehm zurück. Im Oktober 2017, nach Beginn der Vertreibungen, hatte eine hohe Militärdelegation aus Myanmar die Schweiz besucht.

Der Uno-Bericht nimmt auch Regierungschefin Aung San Suu Kyi in die Pflicht. Sie habe es versäumt, ihre Position als Staatsoberhaupt oder ihre moralische Autorität einzusetzen, um die Verfolgungen zu verhindern oder zu beenden. Der langjährigen Oppositionellen und Friedensnobelpreisträgerin von 1991 sind mittlerweile wegen ihrer Haltung zum Flüchtlingselend mehrere internationale Auszeichnungen wieder entzogen worden. An einem öffentlichen Auftritt 24 Stunden nach Veröffentlichung des Berichts nahm sie zu diesem mit keinem Wort Stellung.

Als Reaktion auf den Uno-Bericht hat Facebook mehrere Accounts der Armee von Myanmar geschlossen, weil auf ihnen Hass gegen die Rohingya propagiert worden sei.

Hinter dem gezielt geschürten ethnischen Konflikt stehen auch Verteilkämpfe um das bebaubare Land und die Rohstoffe, die seit 2012 zunehmend von ausländischen Investoren abgebaut werden (siehe WOZ Nr. 37/2017 ).